KACKE-IMPERIALISMUS : Alles! Für! Uns!
Vor kurzem, an der Wäschetrommel, wurde mir klar, dass das Individuum sich mit schlichten Mitteln gegen den Kommunismus wehrt. Die Waffe meiner Wahl ist dabei jahrelang ein wasserfester Edding gewesen. Auf einem Handtuch, das mich schon sehr lange begleitet, prangte nämlich filzstiftfett mein Name. Damit ja keiner behaupten konnte, das wäre seins, oder es stillschweigend zum Allgemeingut mutiert – Notwehr in Zeiten von häufig wechselnden WGs, in denen der eigene Hausrat pulverisiert und als Sternenstaub in die Winde des Gemeinschaftsbesitzes verteilt wurde. Schon allein des feministischen Grummelbauchgefühls wegen: Handtücher = Aussteuer! Meine Oma stickte das Monogramm in die Bettwäsche, ich taggte meinen Spitznamen auf die Handtücher.
Neulich dann, beim Spazierengehen, wurde mir klar, dass das Individuum sich mit einfachen Mitteln gegen den Kapitalismus wehrt. Überall im Kiez liegen prächtige Kackwürste von kleinen und großen Prachtkötern herum. Alles wie gehabt. Nur, dass auf der Hundekacke nun seit Wochen kleine US-amerikanische Fähnchen prangen, und zwar jene, die man auf Kindergeburtstagen in die Muffins steckt. Immer wieder sind sie da, hartnäckig, Neugier weckend. Signalisieren: Nieder mit denen, die die Gehwege aller als ihr Privateigentum betrachten! Gegen den Kacke-Imperialismus! Oder ist das eine ironische Kritik an den Hundebesitzern, die nichts wegräumen? Eine Kunstaktion? US-Besucher, die den Berlinern „We were here“ sagen, aber nicht schreiben wollten? Alte Angewohnheit eines Bergsteigers oder gar – Neil Armstrong? Ein amerikanischer ebay-Besessener, der (3-2-1, alles meins) Anspruch auf die Kiezkacke erhebt? Meine Lieblingstheorie: Frühreife Kiezgören treffen nach einem Kindergeburtstag, gelangweilt vom Topfschlagen, auf eine US-amerikanische Pub-Crawl-Gruppe. MIRIAM JANKE