Juventus Turin Star Diego: Der Über-Zizou
Der Brasilianer schlug sofort ein: Zweimal hat Diego erst für Juventus Turin gespielt, aber zwei Tore geschossen und zweimal gewonnen. Er gilt schon jetzt als neuer Heilsbringer.
ROM taz | Fußball ist schnelllebig. Zwei Pflichtspiele erst hat Diego Ribas da Cunha, genannt Diego, in der weiß-schwarzen Spielkleidung von Juventus Turin absolviert - und schon erklären seine neuen Fans den Exwerderaner zum legitimen Nachfolger von Zinedine Zidane. Er ist sogar der Über-Zizou.
Der Franzose hatte lange Wochen gebraucht, sich in der neuen Mannschaft und vor allem in der knochenharten Serie A einzuleben. Der Brasilianer hingegen schlug sofort ein. Mit zwei Toren und einer Torvorlage hat er der Alten Dame quasi im Alleingang die sechs Punkte beschert, die die momentane Tabellenführung bedeuten.
Dabei trat er nur als Teilzeit-Spielmacher auf. Diego ist nicht zu 100 Prozent fit. Er hat die Vorbereitung aufgrund von Muskelproblemen nur sporadisch absolviert. Auch unter der Woche war meist schonendes Einzeltraining angesagt. Die neue Leitfigur bei Juve ist er aber auch dann, wenn er fehlt. "Wir haben unser System umgestellt und einen Monat lang auch ohne Diego in der Konstellation trainiert, in der er seine Stärken am besten einbringen kann, erzählt Abwehrrecke Cannavaro.
Im mit 3:1 gewonnenen Spiel beim AS Rom waren die Auswirkungen des Phantomtrainings durchaus zu spüren. Diego war am rechten Platz. Doch der Ball ignorierte ihn, als sei er noch immer nur das Diego-Double. Nicht einmal ein Einwurf gelangte zu ihm. Erst nachdem er seinen kleinen Körper zu einem sehenswerten Tackling waagerecht in die Luft befördert hatte, wurden die Kollegen auf ihn aufmerksam und bedachten ihn mit Zuspielen.
Auch Diego wurde nun aktiver. Flüssige Kombinationen hatten aber weiterhin Seltenheitswert. Juventus, in den letzten Jahren vor allem geschult, den Kontrahenten den Ball abzujagen, hat weiterhin konstruktiven Nachholbedarf. Diegos Ideen muten daher wie Laserblitze am Nachthimmel an. Seine Tore gegen AS Rom entsprangen Einzelleistungen. Erst nahm er dem unsicheren Cassetti den Ball vom Fuß und sprintete auf seinen kurzen Beinen in der Manier eines anderen, sehr legendären Diego über den halben Platz und versenkte schließlich kaltschnäuzig den Ball. Das zweite Mal zog er trocken von der Strafraumgrenze ab.
Gerade weil Juventus, das dem alternden Del Piero nicht mehr und dem jungen Giovinco immer noch nicht traut, seit dem Wiederaufstieg den rustikalen Kampf praktiziert, werden die technischen Finessen des Diego Ribas da Cunha nun so gefeiert wie ein paar unverhoffte Wassertropfen in der Wüste. Sie werden vor allem deshalb bejubelt, weil Diego sich auch defensiv nicht schont.
"Er ist gut, wenn wir in Ballbesitz sind, und gut, wenn wir ihn nicht haben. Er hat Kraft und Widerstandsfähigkeit und hat gezeigt, dass er sehr hart sein kann", lobt Trainer Ciro Ferrara. Der Exassistent von Nationalcoach Lippi ist freilich auch von den technischen Fertigkeiten Diegos begeistert. Aber das Lob an dem Zehner mit der 28 auf dem Rücken schließt immer den Verweis auf dessen kämpferische Qualitäten ein.
Diego selbst hat sich ebenfalls gewandelt. Nicht als Spieler, aber doch im öffentlichen Auftritt. Der in Bremer Tagen eher zurückhaltend wirkende Brasilianer hat sich vom aufreizenden Selbstbewusstsein bei Juventus anstecken lassen. "Wieso Meisterschaft oder Champions League? Wir wollen beides gewinnen", verkündet er. Zeichen, dass er die Bundesliga vermisst, lässt er nicht erkennen. Er richtete tröstende Grüße nach Werders Fehlstart an die Weser.
Die ganze Aufmerksamkeit des Brasilianers mit dem italienischen Pass gilt aber seinem neuen Karriereabschnitt. Er will in die Nationalmannschaft. Nicht in die italienische, wie sein Mannschaftskamerad Amauri, der gerade seinen europäischen Zweitpass abgeholt hat, sondern in die Seleçao. Da spielt schon der ebenfalls neu zu Juventus gekommene Felipe Melo. Der ist ein Lieblingsschüler von Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga.
"Über gute Leistungen bei Juventus will ich zur WM nach Südafrika", umreißt Diego ganz klar sein Fernziel. Den ersten Schritt hat erreicht. Italien liegt "Diegogol" zu Füßen. "Jetzt muss er weitere 36 Spiele auf diesem Niveau absolvieren", sagt trocken Nationalgoalie Buffon. Dann lässt sich vielleicht auch ein Dunga erweichen.
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