Justiz: Intensivtäter in der Staatsanwaltschaft
Der ehemalige Vizevorsitzende der rechtsradikalen "Republikaner" soll Staatsanwalt in der Abteilung für Intensivtäter werden. Justizsenatorin will die Personalie noch mal prüfen.
Die Berliner Staatsanwaltschaft kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Nachdem Generalstaatsanwalt Ralf Rother am Mittwoch im Rechtsausschuss angekündigt hatte, den umstrittenen Leiter der Intensivtäterabteilung, Roman Reusch, abzulösen, sorgte am Wochenende eine weitere Personalie für Aufregung. Mit Rolf von Niewitecki soll ein ehemaliger stellvertretender Parteivorsitzender der rechtsextremen Republikaner in Reuschs Abteilung wechseln.
Bekannt geworden war die Personalie offenbar durch eine Indiskretion aus der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Tagesspiegel. Zuvor hatte der Leiter der Staatsanwaltschaft, Andreas Behm, dem Vernehmen nach Bedenken aus der Verwaltung gegen den Wechsel von Niewitecki ignoriert.
Nach Kritik von Grünen und der Linkspartei soll die Entscheidung nun noch einmal überdacht werden. Über ihren Pressesprecher Mark Weber ließ Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) mitteilen, "aus Gründen der persönlichen Fürsorge und der Ordnung der Abteilung" werde die Personalie überdacht.
Den Grünen reicht dieser Teilrückzug allerdings nicht. "Das ist kein normaler Personalwechsel, sondern eine politische Instinktlosigkeit", sagt Fraktionschef Volker Ratzmann. Auch wenn von Niewitecki einen guten Ruf in der Staatsanwaltschaft habe, könne es nicht sein, dass er in die sensible Intensivtäterabteilung wechsle.
Ähnlich äußert sich Dirk Behrendt, der rechtspolitische Sprecher der Grünen. "Wenn Frau von der Aue jede Entscheidung der Justiz zur Chefsache macht, muss sie auch in diesem Fall die Verantwortung tragen." Allerdings, so Behrendt, müsse nicht jede Versetzung in der Staatsanwaltschaft über den Schreibtisch der Senatorin gehen.
Der 54-jährige von Niewitecki ist seit 20 Jahren Staatsanwalt, er arbeitete zuletzt in der Abteilung für Jugendschutzsachen. 1990 war er zum Vizelandeschef der "Republikaner" gewählt worden, nachdem er mit Carsten Pagel den bisherigen Vorsitzenden Bernhard Andres abgesetzt hatte. Nach Hinweisen auf Polizeidossiers über missliebige Parteifreunde hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen, diese später aber wieder eingestellt.
Unterdessen wies Justizsprecher Mark Weber Vermutungen zurück, wonach die Abteilung für jugendliche Intensivtäter "aufgelöst oder umstrukturiert" werden soll. Das entbehre jeder Grundlage. In Justizkreisen gilt die 2003 geschaffene Abteilung als erfolgreich. Sie betreut weit mehr als 400 jugendliche und heranwachsende Serientäter. Pikant bei allem: Gegründet wurde die Intensivtäterabteilung von Roman Reusch, der nun versetzt werden soll.
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