Juristen protestieren: Niedrighonorare für Asylanwälte
Sie verteidigen Leben und Freiheit von Flüchtlingen. Trotzdem dürfen Anwälte für Asylverfahren nur sehr wenig berechnen. Der Deutsche Anwaltverein fordert 60 Prozent mehr.
BERLIN taz Der Deutsche Anwaltverein sieht den "Zugang zum Recht" für Asylbewerber stark gefährdet. Sein Präsident Hartmut Kilger sagte, Asylanwälte würden heute so schlecht bezahlt, dass eine "verantwortliche" Betreuung der Mandanten kaum möglich sei. Er forderte am Donnerstag deshalb, die Honorare um 60 Prozent anzuheben.
Derzeit bekommt ein Anwalt für die Klage gegen einen negativen Asylbescheid laut Gesetz 472,50 Euro. Für dieses Geld spricht er mit dem Asylbewerber, schreibt einen Schriftsatz, beruhigt den Mandanten immer wieder, führt Schriftwechsel mit dem Gericht, bereitet den Prozess vor und nimmt an der Verhandlung teil. "Ein Zeitaufwand von 10 Stunden pro Fall kommt bei einer seriösen Vertretung schnell zusammen", rechnet der Rainer Hofmann, Asylexperte des Anwaltvereins, vor. Das ergibt einen Stundensatz von 47 Euro, von dem der Anwalt noch seine Angestellten, seine Miete und - als Selbständiger - seine Alterssicherung bezahlen muss.
Nur wenn der Asylbewerber Vermögen hat oder finanzielle Hilfe aus seinem Umfeld bekommt, kann ein Anwalt ein individuelles Honorar vereinbaren, das über den gesetzlichen Sätzen liegt. Aber das ist die Ausnahme.
Schuld an den niedrigen Honoraren ist der Gesetzgeber. Er legte den Streitwert für Asylsachen auf nur 3.000 Euro fest. Das war 1993, als auch das Asylgrundrecht eingeschränkt wurde. Nach Auffassung der Anwälte sollte so die Übernahme von Asylmandaten unattraktiv werden. Seither wurde der Streitwert nicht angehoben.
Der Anwaltverein fordert nun, den Streitwert in Asylsachen auf 5.000 Euro zu erhöhen. Diese Summe wird auch bei einem Streit im Ausländerrecht zugrunde gelegt - etwa, wenn es um die Aufenthaltsgenehmigung eines Einwanderers geht. Nach der Gebührentabelle könnte ein Asylanwalt dann 752,50 Euro für seine Arbeit verlangen, 60 Prozent mehr als bisher.
"Es geht beim Asylrecht immerhin um das Leben, die Sicherheit und die Freiheit eines Menschen", sagt Anwalt Hofmann. Schon dies rechtfertige einen höheren Streitwert: "Bei der Klage um einen verweigerten Waffenschein ist der Streitwert immerhin 7.500 Euro, da stimmt doch das Verhältnis nicht." Außerdem sei das Asylrecht kompliziert, Ermittlungen zu Zuständen im Herkunftsland schwierig und die Verständigung mit dem Mandanten meist zäh, weil sie über Dolmetscher erfolge.
Der Staat ist auch aus finanziellen Gründen an niedrigen Honoraren für Asylanwälte interessiert. Wenn die Klage zumindest erfolgversprechend ist, zahlt der Staat einem mittellosen Antragsteller die Anwaltskosten via Prozesskostenhilfe. Wenn der Flüchtling vor Gericht erfolgreich ist, muss der Staat die Anwaltskosten stets übernehmen.
Doch dem Anwaltverein geht es nicht nur um die Asylanwälte. Er benutzt das drastische Beispiel, um die Öffentlichkeit für die Bedeutung der Anwaltshonorare zu sensibilisieren. Anfang Mai forderte Anwälte-Präsident Kilger eine allgemeine Erhöhung der Anwaltsgebühren um 8 Prozent. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) zeigte sich "überrascht".
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