Junta verfolgt Protestler: Tausende Festnahmen in Birma
Razzien, Verhaftungen, Morde: Nach der brutalen Niederschlagung der friedlichen Proteste geht Birmas Junta massiv gegen die Bevölkerung vor.
Die Drohung war unmissverständlich: "Wir haben Fotos, wir werden Verhaftungen vornehmen", klang es gestern Morgen aus Lautsprecherwagen in Birmas ehemaliger Hauptstadt Rangun. Schon in der Nacht habe die Militärpolizei zahlreiche Razzien durchgeführt und Leute festgenommen, berichten Augenzeugen. Die Verhafteten seien auf Militärlastwagen abtransportiert worden.
Gestern Abend kursierten dann Meldungen, nach denen seit vergangener Woche mehrere tausend Demonstranten umgebracht und im Dschungel verscharrt worden seien, darunter hunderte Mönche. Bestätigt wurden diese Berichte allerdings bisher nicht. Ein nach Thailand desertierter Geheimdienstoffizier gab lediglich an, er habe sich geweigert, auf Mönche zu schießen: "Als Buddhist konnte ich so etwas nicht tun."
Die Zahl der bislang Verhafteten schätzen Beobachter auf mehrere tausend. Vor allem in der Nähe der berühmten Shwedagon-Pagode, die einer der Anlaufpunkte der vor einer Woche blutig niedergeschlagenen Massenproteste gewesen ist, seien Dutzende Wohnungen durchsucht worden. "Sie gehen in die Häuser und nehmen Leute mit", bestätigte die leitende Diplomatin der USA in Birma, Shari Villarosa.
Unterdessen waren gestern etwa 80 Mönche und rund 150 Nonnen wieder freigelassen worden. Körperlich seien sie nicht gefoltert worden, berichten sie, aber sie hätten ihre Roben ausziehen müssen und seien gezwungen worden, zivile Kleidung anzuziehen. Indes gibt es Augenzeugenberichte, nach denen etliche Mönche aus der Hauptstadt Rangun in ländliche Gegenden fliehen würden. Im Grenzgebiet auf thailändischer Seite leben bereits rund 150.000 Flüchtlinge aus Birma in Lagern, darunter viele Angehörige von Minderheiten.
Derweil wächst der internationale Druck auf die Militärjunta. Am Dienstag verurteilte der UN-Menschenrechtsrat in Genf das gewaltsame Vorgehen der Machthaber und forderte eine Untersuchung. Zugleich beschloss die EU verschärfte Sanktionen gegen die Junta.
Der UN-Sondergesandte Ibrahim Gambari dagegen hat Birma am Dienstagabend in Richtung New York verlassen. Während seines viertägigen Besuchs hatte er zweimal die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi treffen dürfen, während Juntachef Than Shwe den Nigerianer tagelang hingehalten hatte. Erst im Laufe des Dienstags hatte Birmas oberster Machthaber den UN-Gesandten empfangen. Seinen Bericht wird Gambari voraussichtlich am Freitag präsentieren.
Mitte vergangener Woche hatte Birmas Junta die friedlichen, von Mönchen angeführten Massenproteste brutal niedergeschlagen. Die staatlich manipulierten Medien gaben die Zahl der Toten mit insgesamt dreizehn an. Beobachter und Dissidenten sprechen hingegen von bis zu 200 Toten und bis heute 6.000 Verhafteten.
Obwohl derzeit alles danach aussieht, als ob die Junta den Kampf mit ihren brutalen Mitteln gewonnen hätte, sei die Oppositionsbewegung nach Ansicht von Experten nicht endgültig vernichtet: "Es hatte ja zunächst auch geheißen, ein solcher Volksaufstand sei unmöglich", so Debbie Stothard von der in Bangkok ansässigen Nichtregierungsorganisation "Altsean Burma". Ähnlich äußerte sich Exilbirmanin Khin Ohmar vom "Netzwerk für Demokratie und Entwicklung": "Das Volk verlangt nach Frieden und Freiheit, diesen Geist können sie nicht töten."
Zudem zeichne sich längst ein Riss innerhalb der Reihen des Militärs ab: "Für die Öffentlichkeit ist dieser Riss nicht sichtbar, aber er existiert", so Stothard. Die oppositionellen Kräfte könnten dies für sich ausnutzen, denn es gäbe Offiziere, die wegen der Morde an den Mönchen sehr aufgebracht über Juntachef Than Shwe seien. Shwe werde als oberster Machthaber für die Morde verantwortlich gemacht.
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