: Jukebox
Mit Pauken und dem Schellenbaum
Als sich dann die ersten Menschen mal begegneten, passierte, was passieren musste: Der eine zog dem anderen mit dem Prügel eins über den Schädel. Und freute sich gleich über zwei Dinge: dass der andere tot zu Boden sackte. Und dass es dabei diesen dumpfen Klang gab, als er ihm auf den Kopf trommelte. Das wollte der Mensch dann immer wieder hören. So kam die Musik in die Welt, wobei es natürlich seine Zeit dauerte, bis man eine ordentliche Militärmusikkapelle beisammen hatte. Im Grunde aber war gleich zu Beginn das Wesentliche da: Der dumpf dröhnende Trommelschlag, der einen so schön ins Marschieren zwängt. Mit Musik geht eben alles leichter. Sie ist auch tolle Motivationshilfe, wenn sie nur mitreißend genug gespielt wird. Das fetzt, sagte man früher zu einer sich auf der Bühne ordentlich verausgabenden Band.Das fetzt. Und knallt.
Als die Türken 1683 mit ihrer Janitscharenmusik vor Wien standen, flatterten dem christlichen Abendland bei dem durchdringenden Geklöppel auf Triangel und Becken zuerst gehörig die Hosen und später hat man das einfach in die eigene Militärmusik mit aufgenommen. 100 Jahre nach der Belagerung komponierte dann Mozart sein „Rondo alla turca“, den türkischen Marsch, womit die Militärmusik in den musikalischen Hochadel aufgerückt ist. In den Niederungen der Traditionspflege aber genießt sie nicht unbedingt nur guten Ruf. Weil sie eben auch krudes Hobby von Pickelhauben ist, die im Netz etwa bei www.brandenburghistorica.com neben den üblichen „Alten Kameraden“ so „must-have military music titles from independent labels in germany“ wie die „Musik in der Waffen-SS“ mit Aufnahmen der Leibstandarte Adolf Hitler finden und ideologisch unvoreingenommen nur einen Klick weiter die Lieder der NVA.
In einem Gespräch über seine neue Hendrix-Biografie hat Klaus Theweleit hier in der taz gerade darauf verwiesen, dass Musik direkt auch in die Muskulatur geht, und das oft gewalttätig, „in der körperformierenden Marsch- und Stiefeltrittmusik“. Es liegt an der kleinen Trommel. Die Snare-Drum. Sie ist auch das Herz der Rockmusik. Nirgendwo sonst ist sie noch von so entscheidender Bedeutung, nur in der Militärmusik, wo sie ja herkommt. Beim Berliner Militärmusikfest am Samstag (14/ 20 Uhr) und Sonntag (14 Uhr) in der Max-Schmeling-Halle kann man sich von ihr antreiben lassen.
Oder man geht halt wieder zum körperformierenden Rockkonzert. THOMAS MAUCH