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Jugendheime sollen kleiner werden

■ Paritätischer Wohlfahrtsverband fordert den Abbau von 2.500 Heimplätzen / Ambulante Hilfe soll Vorrang haben

Den Abbau von 2.500 Heimplätzen für Berliner Kinder und Jugendliche zugunsten ambulanter Hilfen in den nächsten fünf Jahren hat der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin gefordert. In der Hauptstadt lebten 6.000 Minderjährige in Heimen. Das seien mehr als in irgendeiner anderen deutschen Großstadt, kritisierte der Geschäftsführer des Verbandes, Hans-Jochen Brauns, gestern.

75 Prozent der Jugendhilfe-Gelder des Senats würden für die Finanzierung der Heimplätze verwendet. Den ambulanten Hilfen und teilstationären Unterbringungsmöglichkeiten werde aber nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) der Vorrang eingeräumt. Eine vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Auftrag gegebene Studie des Fortbildungsinstituts für pädagogische Praxis zeige jugendpolitische Alternativen, die dem Grundsatz „Heimvermeidung statt Heimeinweisung“ folgen, erklärte Brauns. Nach der Studie sollen 1.000 Heimplätze in fünf Jahren ersatzlos abgebaut werden. Ein Teil dieser Plätze sei ohnehin fehlbelegt durch jugendliche Erwachsene, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine eigene Wohnung fänden, hieß es. 1.500 weitere Heimplätze sollen in andere Wohnformen wie Jugendwohngemeinschaften oder betreutes Einzelwohnen umgewandelt oder durch ambulante Hilfen wie Tagesgruppen ersetzt werden. Mit einer solchen Umstrukturierung der Jugendhilfe könne in fünf Jahren fast eine halbe Milliarde Mark an Senatsgeldern eingespart werden, wird behauptet.

Mit der Umstrukturierung und der Umverteilung der Gelder müsse der Senat sofort beginnen, forderte der Paritätische Wohlfahrtsverband. Zudem müsse das Heimeinweisungsrecht von den Jugendämtern in den Bezirken auf eine zentrale Unterbringungskommission übertragen werden, um Alternativen und familienbezogene Hilfen auszuschöpfen. In vielen Fällen erfolge eine Heimeinweisung viel zu schnell.

In der Studie wird zudem ein „krasses Mißverhältnis“ der für den Ost- und den Westteil der Stadt zur Verfügung gestellten Jugendhilfegelder kritisiert. Obwohl über 50 Prozent der Berliner Kinder und Jugendlichen in den Ostbezirken lebten, erhalten diese nur 27 Prozent der Mittel. epd

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