Jugend auf dem rückläufigen Arbeitsmarkt: „Prävention wird nicht bezahlt“
■ Ursula Huf berät in Findorff Jugendliche – die Nähe zu Schule und Freizi ist Gold wert, sagt sie
Seit sechs Jahren gibt es das Projekt „Schule, Ausbildung, Beruf“ (SAB) am Jugendzentrum Findorff in der Neukirchstraße. Dort werden arbeitslose Jugendliche beraten. Aber auch zu den SchülerInnen im Stadtteil gibt es einen intensiven Kontakt. Das Projekt kooperiert mit den BerufsberaterInnen vom Arbeitsamt.
taz: Ihr geltet als eines der erfolgreichsten Beratungsprojekte in Bremen. Woran liegt's?
Ursula Huf: Wir sind einfach näher dran. Wir wissen, ob die Jugendlichen gut in der Schule sind oder nicht, ob sie Schulden haben oder Probleme mit dem Wohngeld. Das ist aber eine Leistung, die eigentlich vom Jugenzentrum erbracht wird, mit dem wir hier ganz eng zusammenarbeiten. Solche Möglichkeiten haben die Kollegen im Sozialamt oder im Arbeitsamt nicht.
Eure Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt – wie sieht die aus?
Vor sechs Jahren gab es hier im Freizi unheimlich viele arbeitslose Jugendliche. Da wurde die Idee fürs SAB geboren. Gleichzeitig hat das Arbeitsamt gemerkt, dass die Jugendlichen nicht zu ihnen kommen. Also sind wir eine offizielle Kooperation eingegangen. Einmal im Monat kommt der Berufsberater hierher, und wir schicken gelegentlich Jugendliche dorthin.
Wie erreicht Ihr die Jugendlichen?
Wir haben Kontakt mit den Abschlussklassen vom Findorffer Schulzentrum – da fangen wir an. Wir üben Bewerbungsgespräche, zeichnen auf, werten das zusammen aus ... und merken, dass es nicht ratsam ist, seine Pudelmütze aufzubehalten. Der Witz ist: Dafür bekommen wir kein Geld. Die Sozialbehörde sagt, die sind noch keine Sozialfälle, der Arbeitssenator sagt, das ist Aufgabe der Schule und die Schule sagt: es kommt doch ab und zu ein Berufsberater. Gefördert werden unsere beiden Stellen, weil wir Jugendliche beraten, die Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe kriegen.
Also, wenn das Kind schon im Brunnen liegt?
Ja. Aber auch da versuchen wir, dass sie ihr Leben eigenständig finanzieren und daraus Selbstbewusstsein schöpfen. Manchmal schickt uns das Sozialzentrum allerdings Leute, da merken wir hier erst, dass die gar nicht arbeitfähig sind, die haben ein Suchtproblem. Das ist der Vorteil: Dass du hier ganz schnell mitkriegst, was los ist.
Ihr habt zwei Stellen, die von Jahr zu Jahr neu beantragt werden müssen. Was würdet Ihr mit einer dritten tun?
Die Betriebe melden ja nicht alle Plätze dem Arbeitsamt. Wir bräuchten also dringend jemanden, der Arbeits- und Ausbildungsakquise macht. Zumal wir – das darf man nicht vergessen – einen rückläufigen Arbeitsmarkt haben.
Fragen : hey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen