Journalist Bobomurod Abdullaev in Haft: „Wenn sie wollen, finden sie mich“
Der kritische Journalist Bobomurod Abdullaev war drei Monate zur Auszeit in Berlin. Kurz nach seiner Rückkehr nach Kirgisien wurde er festgenommen.
Er genoss sie, seine Abende in Berliner Kneipen bei einem Mineralwasser und mit Freunden. Es sei großartig, sich frei bewegen zu können und sich nicht immer umschauen zu müssen, sagte der usbekische Journalist Bobomurod Abdullaev im Februar kurz vor seiner Heimreise nach Zentralasien.
Drei Monate hatte er auf Einladung der taz Panter Stiftung und der Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) als Stipendiat des Programms Refugium, das verfolgten Journalist*innen eine Auszeit ermöglichen soll, in Berlin verbracht. Jetzt, am 10. August, wurde der 47-Jährige in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek festgenommen. Grundlage, ließen die kirgisischen Sicherheitsbehörden wissen, sei ein Haftbefehl aus Usbekistan.
Abdullaev studierte in Taschkent Russische Philologie und Übersetzerwesen und setze dann noch einen Bachelor in Ökonomie und internationalen Wirtschaftswissenschaften drauf. Ende der 90er Jahre wandte er sich dem Journalismus zu.
In der Folgezeit war der dreifache Vater freier Mitarbeiter der unabhängigen Nachrichtenwebsite Ferghana, Korrespondent des Instituts für Kriegs- und Friedensberichterstattung (IPWR) sowie von Radio Ozodlik (dem usbekischen Dienst von Radio Freies Europa) sowie Sportjournalist. Die Nachrichtenseite Ozod Ovoz (Freie Stimme), die er gegründet hatte, wurde 2005 von usbekischen Behörden geschlossen.
Recherchen gegen den Karimow-Klan
Unter dem Pseudonym Usman Chaknazarow schrieb Abdullaev 15 Jahre gegen illegale Waffengeschäfte und Korruption des Karimow-Klans sowie massive Repressionen gegen die politische Opposition und Religionsvertreter an. Dauerherrscher Islam Karimow, der 2016 nach 25 Amtsjahren durch sein Ableben den Posten räumte, hatte Usbekistan zu einem der abgeschottetsten Länder der Welt gemacht.
Abdullaevs publizistisches Tun wurde ihm Ende 2017 zum Verhängnis. Sein Pseudonym flog auf und er wurde festgenommen. Der Vorwurf lautete auf Versuch eines gewaltsamen Umsturzes der Verfassungsordnung Usbekistans. Während seiner fast achtmonatigen Untersuchungshaft wurde Abdullaev gefoltert – an den Folgen leidet er heute noch.
Im Mai 2018 erging die Gerichtsentscheidung: Wegen des Versuchs, über Medien einen Regierungssturz herbeizuführen, wurde Abdullaev dazu verurteilt, drei Jahre lang 20 Prozent seines Einkommens an den Staat zu zahlen, und auf freien Fuß gesetzt. Beobachter werteten dies als positives Signal von Präsident Shavkat Mirzijojew, der Reformen versprochen hatte.
Doch dieser Nimbus ist längst verflogen, auch bei Abdullaev. Je näher seine Abreise von Berlin rückte, desto mehr wuchs seine Unruhe. An einem der letzten Abende stand sein Mobiltelefon nicht still. Freunde und seine Frau rieten ihm, nach Kirgisien zu gehen, in Usbekistan sei er nicht sicher. „Wenn sie wollen, finden sie mich auch dort“, sagte er damals.
Ein Gericht in Bischkek hat nun verfügt, dass Abdullaev bis zum 8. September in Gewahrsam bleiben soll. RoG hat ihm jetzt ein weiteres Stipendium angeboten. Ob er es wird antreten können?
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