Jon Stewart und Brian Williams: Mehr als nur Komödie
Der Moderator von „The Daily Show“ hört auf. Er ist einer der wenigen, der sich von den populistischen KollegInnen von Fox News abhebt.
NEW YORK taz | Aufstieg und Fall von Medienstars genießen in den USA größere Aufmerksamkeit als die Karrieren von PolitikerInnen in Washington. Auch deswegen wurden die beiden Medienankündigungen vom Dienstagabend landesweit zur Hauptnachricht: Jon Stewart, der Chef der abendlichen Politkomödie „Daily Show“ hört in den nächsten Monaten auf. Und Brian Williams, der Chef der abendlichen Nachrichtensendung „Nightly News“ wird von seinem Sender NBC für sechs Monate strafsuspendiert. Ohne Lohn.
Die beiden Männer haben das Bild der USA und der Welt für mindestens eine Generation von US-AmerikanerInnen geprägt. Jon Stewart bei den Linken. Brian Williams für die politische Mitte.
Jon Stewart, 55, befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Seit er „The Daily Show“ im Jahr 1999 übernommen hat, stieg die Einschaltquote auf täglich 2,2 Millionen. Bei ihm gehen Präsidenten, Künstler und MenschenrechtlerInnen ein und aus. Sein hintergründiger Witz – garniert mit spitzbübischem Lächeln und Menschlichkeit – geben jedem seiner Themen eine neue Dimension.
Ursprünglich ist die 1996 gegründete „Daily Show“ eine Komikshow. Aber Jon Stewart hat sie auf die Ebene von viel zitierten politischen Kommentaren gehievt. Seine Interviews mit PolitikerInnen können es locker mit sämtlichen politischen Talkshows aufnehmen. Vor allem, weil Stewart kritisch nachfragt – auch da, wo es um das sakrosankte Thema der „nationalen Sicherheit“ geht. Stewart geht, weil er nach fast 16 Jahren etwas anderes machen möchte. Was, das hat er noch nicht gesagt.
Pluralistisch und über den Dingen
Brian Williams, 52, befindet sich auf dem Tiefpunkt seiner Karriere. Seit er die „Nightly News“ 2003 übernahm, informiert er 8,5 Millionen Menschen täglich über die Lage der Welt. Sein etwas schiefes Gesicht, die täglich neue Krawatte und der Seitenscheitel sind die Fassade für jeden neuen Krieg, jede andere Sensation. Auch bei ihm gehen Präsidenten und Stars ein und aus. Aber Williams gibt sich pluralistisch und über den Dingen stehend. Sein ruhiger Stil setzt sich ab von dem Schaum vor dem Mund, mit dem seine KollegInnen auf Fox News (rechts) und MSNBC (links) die Nachrichtenlage beschreiben.
Aber nun sind ihm Prahlereien zum Verhängnis geworden. Er hat – vielfach – behauptet, ein Militärhubschrauber, in dem er im März über den Irak flog, sei beschossen worden. In einem Land im dauerhaften Krieg kann so etwas auch das Image von JournalistInnen verbessern. Aber Kriegsveteranen, die tatsächlich in dem beschossenen Chinook saßen, haben klargestellt, dass Williams in einem ganz anderen Hubschrauber unbeschadet in der Wüste landete. Seine öffentliche Entschuldigung reichte dem Sender nicht. NBC strafte ihn nun mit Suspension.
Viele rätseln, was Williams, der seine Karriere mit einer Hubschrauberheldenstory ruinierte, geritten hat. Aber niemand hat einen treffenderen Begriff dafür gefunden als Jon Stewart. In „The Daily Show“ nennt er Williams’ Zustand „Infotainment Confusion Syndrome“. Dann stellt er in trockenem Ton etwas fest, das alle großen US-Medien trifft: „Endlich wird jemand wegen der Desinformationen über den Irakkrieg zur Rechenschaft gezogen.“
Und während die beiden Männer an Wendepunkten stehen, beobachtet ein Dritter die Sache von rechts: Bill O’Reilly, der bei Fox News allabendlich immer noch 2,1 Millionen ZuschauerInnen bedient, hat etwa Massaker in Zentralamerika durch von den USA ausgebildete Soldaten verharmlost oder spricht von seiner eigenen „Kampfzeit“ – obwohl er nie beim Militär war. Er aber darf weiterlügen.
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