Jörn Kabisch Angezapft: Alles auf Horst! Auf nach Freiburg
Horst ist ein klingender Name. Die eine denkt an Horst Schimanski, Horst Schlämmer oder Horst Seehofer, der andere vielleicht an den Hengst, mit dem das Unglück beginnt in der legendären Unna-Komödie „Bang Boom Bang“.
Nicht der Jockey, „Allah, allah, der Pferd heißt Horst“, muss Kleingauner Keek erfahren, und verwettet sein ganzes Geld auf einen Gaul, der wenig später natürlich als Geschlagener durchs Ziel geht. Und da ist dem Zuschauer klar, nun wird ein Vollhorst nach dem anderen auf die Leinwand treten, sympathische Trottel allesamt, die sich gemeinsam immer tiefer in den Schlamassel hineinreiten.
Ach, über Horst, diesen seit Jahrzehnten den deutschen Mann so entlarvenden Vornamen, gibt es viel zu sagen, und man würde sich nicht wundern, käme dabei auch das Detail heraus, dass – sagen wir – durchschnittlich jedes zehnte deutsche Bier Horst hieße. Vorzugsweise Pils, Zum-aus-der-Flasche-Trinken, das man mit Fingerplopp auf Qualität prüft. Tut es aber nicht. Wäre irgendwie auch zu ironisch.
Aber ein Bier namens Horst gibt es, auch mit einer guten Portion Ironie. Dazu gleich. Denn erst einmal muss ich eingestehen: Es gibt einen großen weißen Fleck auf der Bierkarte dieser Kolumne, der dringend ausgemalt werden muss. Er befindet sich im Südwesten, wo Bier synonym auch Tannenzäpfle genannt wird, wenigstens von außen betrachtet. Dabei gibt es hier noch viel mehr zu entdecken! Für Baden-Württemberg gilt: Dass hier vor allem Wein produziert und konsumiert wird, ist für die Brauer ein Standortnachteil, weil sie Trinkgewohnheiten brechen müssen – für das Bier hingegen ein Segen, ist es wegen dieser Herausforderung doch meist noch trinkbarer.
So ist zum Beispiel Freiburg eine feine kleine Bierstadt geworden. Sogar ein Craft-Beer-Festival ist seit fünf Jahren an der Dreisam beheimatet. Kern der Szene ist das Freiburger Braukollektiv und eines der ersten Biere, das die vier Brauer abgefüllt haben, heißt Horst.
Horst California Brown Ale, Braukollektiv Freiburg, 6,2 % vol.
Und jetzt zur Ironie: Horst ist so undeutsch wie man es sich nur vorstellen kann, ein California Brown Ale, hierzulande ganz selten gebraut. Das Braunbier ist ein klassischer britischer Bierstil, malzbetont, aber nicht ganz so dunkel und röstig wie Stout und Porter. Dafür etwas bitterer, in der kalifornischen Variante sogar noch ein wenig mehr.
Beim Freiburger Horst ist die Basis ein recht fetter, trockener Körper, auf dem eine ganze Reihe von Bitternoten sitzen, von Schokolade und dunklem Karamell über zitronige bis hin zu kräuterlikörigen Aromen. Ein ganzes Farbspektrum ist dort abgebildet, sodass ausgerechnet ein Horst mal für Diversity stehen darf. Wer hätte das gedacht?
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