Jörg Haider: Schwarze Konten des Volksverführers
Der verstorbene Kärntner Landeshauptmann soll Millionen im Ausland deponiert haben. Das Geld soll er unter anderem vom libyschen Diktator Gaddafi erhalten haben.
WIEN taz | Jörg Haider, der begnadete Rechtspopulist und Volksverführer, wird knapp zwei Jahre nach seinem Unfalltod stückchenweise demontiert. Ausgerechnet der Kämpfer gegen Politikerprivilegien soll über geheime Millionenkonten in Liechtenstein und der Schweiz verfügt haben. Nach einer Enthüllungsgeschichte in der jüngsten Ausgabe des Politmagazins profil herrscht helle Aufregung bei Haiders politischen und privaten Erben.
Die Staatsanwaltschaften Wien, München und Liechtenstein sollen im vergangenen Frühjahr eine Anzahl verdächtiger Briefkastenfirmen in Liechtenstein durchleuchtet und deren Konten geöffnet haben. Dabei seien sie mehrmals auf den Namen des Kärntner Landeshauptmanns als Hauptverfügungsberechtigen gestoßen. 5 Millionen Euro sollen über zwölf Konten verteilt deponiert sein: der Rest von 45 Millionen, die großteils verspekuliert worden seien. Weder Haiders Witwe Claudia noch dessen Parteifreunde wollen von den Geheimgeldern gewusst haben. Rechnungshofspräsident Josef Moser, der bei einigen Konten als Zeichnungsberechtigter firmiert, bestreitet jede Verwicklung.
Laut profil haben Haider-Vertraute berichtet, dass Libyens Diktator Muammar Gaddafi, mit dessen Sohn Saif Haider befreundet war, Aufmerksamkeiten geschickt habe. Das Bargeld in der Höhe von jeweils 150.000 oder 200.000 Dollar sei in Plastik eingeschweißt gewesen. Mitarbeiter des Landeshauptmanns seien dann wochenlang damit beschäftigt gewesen, die Scheine in verschiedenen Bankfilialen in unauffälligen Beträgen in Euros zu wechseln. Es muss aber noch andere Quellen gegeben haben, deren Ströme nach Vaduz abgezweigt wurden.
Liechtenstein dementiert
Aufgedeckt wurden die Schwarzgeldtransfers im Zuge von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in zwei Skandalen aus dem Umfeld Haiders: einerseits Manipulationen rund um den Verkauf der maroden Hypo Alpe Adria - einst Haiders Hausbank - an die Bayern LB 2007, andererseits die verdächtigen Kommissionszahlungen beim Verkauf der Bundeswohngesellschaften (Buwog) 2004 durch den damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Der politische Ziehsohn Jörg Haiders steht im Verdacht, er habe seine Freunde und politischen Weggefährten bei den großen Privatisierungen absahnen lassen. Die Staatsanwaltschaft Liechtenstein erklärte Montag in einer Pressekonferenz, sie wisse nichts von den Schwarzgeldern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen