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Jodie Foster-FilmDie mit der 45er ist zurück

Jodie Foster in ihrer nächsten Rolle als paranoid-kapriziöse Einzelkämpferin: Neil Jordans neuer Film "Die Fremde in Dir" macht sie zum Racheengel.

Feministische Paraderolle? Jodie Foster als Erica Bain. Bild: warner bros.

Erica Bain bewegt sich wie ein nachtaktives Tier durch die Großstadt. Mit ihrem Aufnahmegerät durchstreift sie die belebten Straßenzüge und verborgenen Ecken New Yorks, still beobachtend, wie sich die Stadt um sie herum verändert. Ihre Gedanken gibt sie in einer Radiosendung namens "Street Walking" zum Besten; es sind meist krude lyrische Anwandlungen, wie man sie manchmal im Nachtprogramm des amerikanischen Public Radio hören kann.

Mit leicht tonloser Stimme spricht Jodie Foster, die Erica Bain spielt, dann von neuen Gebäuden, die wie Chromosomen aus der DNA der Stadt sprießen, oder sie zitiert Edgar Allan Poe. New York ist ihr Studienobjekt, das allenfalls sentimentale Gefühle in ihr wachruft. Man fragt sich bloß, welches New York es ist, das sie so sehr vermisst - etwa das New York Ed Kochs der Achtzigerjahre mit seiner explodierenden Verbrechensrate und der rigorosen Umsetzung der "Broken Windows"-Theorie? Oder gar das von Rudy Giuliani und seiner antiliberalen "Zero Tolerance"-Politik?

Neil Jordans neuer Film "Die Fremde in Dir" kommt recht schnell zu einer Antwort, die auf den ersten Eindruck gar nicht so eindeutig ausfallen will, es letztendlich aber doch ist. Jordan braucht nur wenige Szenen, um das Lebensglück Ericas zu schildern und es danach brutal zu zerstören. Bei einem nächtlichen Spaziergang werden sie und ihr Freund David im Central Park von einer Gruppe hispanischer Jugendlicher überfallen und krankenhausreif geprügelt. Als Erica nach drei Wochen aus dem Koma erwacht, bringen die Ärzte ihr bei, dass David an den Folgen seiner Verletzungen gestorben ist. Für die Frau bricht eine Welt zusammen. Nur zögerlich findet sie in ihr altes Leben zurück, doch ihr Verhältnis zu New York hat sich fundamental gewandelt.

Die Stadt sieht plötzlich anders aus, schon allein wegen der Art, wie die Kamera Philippe Rousselots aus unnatürlich verkanteten Winkeln Ericas Umwelt einfängt. Über Nacht ist aus New York eine Bedrohung und ein Moloch geworden. Die Gebäude werfen lange Schatten, die Farben werden grau und mulchig, an jeder Ecke lauert ein potenzieller Vergewaltiger. Und auf einmal ist Jodie Foster wieder dreißig Jahre jünger, wie damals in "Taxi Driver", als ein durchgeknallter Robert De Niro die kleine Iris vor den verkommenen Subjekten der Großstadt retten wollte. 2007 nimmt Jodie Foster das Recht in die eigene Hand.

Man wundert sich, was den irischen Regisseur Neil Jordan an einer solch schlicht gestrickten Rachegeschichte interessiert haben mag. Was die selbst erklärte Intellektuelle Foster an der Rolle der Erica Bain reizt, ist schon nachvollziehbarer. Foster hat sich in den letzten Jahren auf die Rolle der paranoiden Einzelkämpferin kapriziert; in David Finchers "Panic Room" legte sie sich mit einem Einbrechertrio in ihrem technisch hochgerüsteten Eigenheim an, um ihre Tochter zu retten. In "Flight Plan" variierte sie diese Rolle nur graduell. Figuren wie die der Erica Bain scheinen Foster als feministisch-emanzipatorisches Role Model vorzuschweben.

Tatsächlich nimmt "Die Fremde in Dir" trotz seiner um äußerste Seriosität bemühten Redseligkeit von Minute zu Minute reaktionärere Züge an. Erica macht die Bekanntschaft eines Detectives (Terrence Howard), mit dem sie sich in Gespräche um die Legitimität von Selbstjustiz verstrickt. Doch Wesentliches hat das Drehbuchgespann Roderick und Bruce A. Taylor dem Rächergenre, das seine Blütezeit in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren erlebte, nicht hinzuzufügen. Damals, 1983, zeichnete Roderick Taylor schon für das Drehbuch von "Ein Richter sieht rot" verantwortlich.

Aber die Achtziger gehören ein für allemal der Vergangenheit an. Das ist überhaupt das Erstaunlichste an "Die Fremde in Dir": nicht, wie Jordan überkommene Genreklischees unreflektiert wiederbelebt, sondern dass sein Film an jeglichen sozialen Realitäten vorbei eine neue urbane Angstkultur schürt. Die großstädtischen Zentren, in denen sich Erica Bain bewegt, gehören dank lückenloser Kameraüberwachung längst zu den sichersten Bereichen des öffentlichen Lebens. Das Schreckensbild, das "Die Fremde in Dir" sehr plastisch zeichnet, wirkt wie eine Nachprojektion des New York der frühen Achtzigerjahre, als Abel Ferraras Frau mit der 45er Magnum mordend durch die Straßenschluchten des Big Apple schlich.

1984 schoss Bernhard Goetz vier schwarze Jugendliche nieder, von denen er sich in der U- Bahn bedroht gefühlt hatte. Die New Yorker Presse fand in Goetz einen neuen Volkshelden. Über zwanzig Jahre später scheint man sich auch in Hollywood wieder nach handfesten Taten zu sehnen.

"Die Fremde in Dir". Regie: Neil Jordan. Mit Jodie Foster, Terrence Howard, USA/Australien 2007, 119 Min.

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