Jobwechsel: Eine Personalie mit Sprengkraft
Mit dem früheren Bauer-Verlagssprecher Andreas Fritzenkötter soll ein Mann Hamburger Medienkoordinator werden, der einst Kohl beriet und mit Schill feierte.
Eine Personalie sorgt für Unmut innerhalb der schwarz-grünen Koalition. Ausgerechnet Helmut Kohls früherer Sprecher Andreas Fritzenkötter (52) soll auf Wunsch von Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) neuer Medienkoordinator des Hamburger Senats werden. Das bestätigte Ahlhaus am Dienstag: "Ich habe mit Fritzenkötter darüber gesprochen, aber es gibt noch kein Ergebnis. Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen."
Fritzenkötter, der vor knapp einem Jahr im Unfrieden als Unternehmenssprecher des Bauer-Verlags ausschied, soll den derzeitigen Medienkoordinator, Ex-Spiegel-Geschäftsführer Karl-Dietrich Seikel (64), ablösen, der offiziell auf eigenen Wunsch zum Jahresende aus dem Amt ausscheidet. Dem Vernehmen nach soll Ahlhaus aber mit Seikel unzufrieden gewesen sein, Seikel wiederum hinter vorgehaltener Hand die Kulturpolitik des Senats kritisiert haben.
Dass nun mit Fritzenkötter ein Mann geholt werden soll, der nach Auffassung vieler Grüner "für die alte CDU steht", löste innerhalb der GAL starke Irritationen aus, gilt doch auch Ahlhaus als glühender Helmut-Kohl-Fan. Fritzenkötter war zwischen 1991 und 1995 Kohls Medienberater, danach leitete er bis 1998 die Öffentlichkeitsarbeit und Medienpolitik im Bundeskanzleramt.
Doch nicht nur das: Der heute 52-Jährige galt vor zehn Jahren auch als Intimus von Ex-Innensenator Ronald Schill, mit dem er oft auf denselben Partys - etwa in der Sylter Sansibar - auftauchte. Schill rühmte sich öffentlich seiner "guten Kontakte" zu Fritzenkötter. Zudem ist Fritzenkötter mit dem von Ahlhaus als Wirtschaftssenator geholten Ian Karan gut bekannt, der Schill und dessen Partei mehrfach finanziell unterstützte. Verbindungen, die ebenfalls zur Irritation des grünen Koalitionspartners beitragen.
Diese werden noch dadurch verstärkt, dass der neue Mann laut Hamburger Abendblatt nicht nur für die Kontakte des Senats zur Medienwirtschaft und die Stärkung des Medienstandorts zuständig sein soll, sondern auch als persönlicher Coach und Berater voll Ahlhaus fungieren könnte, dessen farbloses Image es aus Sicht vieler CDU-Funktionäre bis zur nächsten Bürgerschaftswahl aufzupolieren gilt.
Ahlhaus selbst mag sich über das mögliche Job-Profil von Fritzenkötter nicht konkret äußern, räumt aber sybillinisch ein, dass es ihm auch darum gehe, "die Rolle des Medienkoordinators des Senats zu überdenken". Fest stehe, dass auch der neue Medienkoordinator eng "an den ersten Bürgermeister angebunden bleibe", so Ahlhaus.
Wenn Fritzenkötter Ahlhaus Medienberater werden solle, dann müsse er auch als solcher bezahlt und an die Senatskanzlei angebunden werden, lautet nun eine Kritik aus den Reihen des grünen Koalitionspartners. Zusätzliche Unruhe innerhalb der GAL löst die Frage aus, ob die beiden Senatssprecher mit Fritzenkötters Berufung durch die Hintertür entmachtet werden sollen. Die Medienarbeit von Senatssprecherin Kristin Breuer gilt senatsintern als "bieder". Ende voriger Woche war bekannt geworden, dass der auf dem Ticket der Grünen zu Amt und Würden gekommene Vize-Senatssprecher Markus Kamrad seinen Posten zum Jahresende aufgibt. Einen Nachfolger gibt es noch nicht.
Obwohl Ahlhaus sagt, er habe den Koalitionspartner frühzeitig über seine Gespräche mit Fritzenkötter informiert, sieht man bei den Grünen Gesprächsbedarf. "Es gibt viele offene Fragen", betont ein Parteifunktionär.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?