Joachim Buwembo Fernsicht – Uganda: Handelsinteressen sind stärker als Freundschaft
Seit knapp anderthalb Jahren ist William Ruto Präsident von Kenia. Yoweri Museveni, seit 38 Jahren Präsident von Uganda, war angeblich sein Mentor und Helfer zum Wahlsieg 2022. Aber noch nie waren die Beziehungen zwischen den ostafrikanischen Nachbarn so schlecht wie heute. Sogar unter dem erratischen Idi Amin von 1971 bis 1979 räumte Uganda Differenzen mit Kenia immer schnell und geräuschlos aus. Denn beide Länder sind miteinander verflochten und können sich keinen Konflikt leisten. Aktuell aber stehen die Zeichen auf Entfremdung.
Der Grund heißt Öl. Uganda importiert Ölprodukte für rund zwei Milliarden US-Dollar im Jahr über Kenias Hafen Mombasa am Indischen Ozean. Sie werden von kenianischen Geschäftsleuten eingekauft, die aus dem Weiterverkauf an Uganda Riesenprofite schlagen. Nun aber will Uganda seine Ölprodukte direkt einkaufen, ohne kenianische Mittelsmänner, und damit die Preise senken.
Die staatliche Uganda National Oil Company beantragte also vergangenes Jahr in Kenia eine Importlizenz. Da William Ruto und Yoweri Museveni so enge Freunde waren, dachte man, das sei eine Formsache. Aber Kenia stellte harte Bedingungen. Ugandas Energieministerin Ruth Nankabirwa sagt, ihr Präsident habe sie mindestens vier Mal nach Kenia geschickt, und jedes Mal habe Ruto ihr versichert, die Dinge würden geklärt werden.
Wurden sie nicht.
Stattdessen erstritten die kenianischen Ölhändler vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Lizenzvergabe an die Ugander. Ugandas Regierung rief den Ostafrikanischen Gerichtshof im tansanischen Arusha an, eine Instanz der EAC, der East African Community, und machte einen Bruch der EAC-Verträge geltend sowie den völkerrechtlichen Grundsatz des freien Zugangs zum Meer für Binnenländer. Noch nie ist ein Streit zwischen Kenia und Uganda vor Gericht gelandet.
Ein Zusammentreffen von Museveni und Ruto auf einem Regionalgipfel scheint nichts genützt zu haben. Kenias Präsident hat seine Geschäftswelt offensichtlich nicht im Griff.
Nun aktiviert Uganda einen Plan B: die Importroute vom Indischen Ozean durch Tansania. Den hatte Museveni schon einmal Ende 1987 entworfen, als Kenias damaliger Präsident Daniel arap Moi die Grenze schloss, weil der damals noch junge Museveni Ugandas zusammengebrochene Industrie wieder aufbauen wollte, was kenianischen Exporteuren von Waren wie Seife und Getränken schadete. Seitdem ist die Handelsroute aus dem tansanischen Daressalam immer aktiv geblieben – über sie laufen 10 Prozent der ugandischen Ölproduktimporte.
Joachim Buwembo
lebt als Publizist in Ugandas Hauptstadt Kampala. Er ist ehemaliger Chefredakteur der Zeitungen „Sunday Vision“ und „Daily Monitor“ in Uganda und Mitgründer der Zeitung „The Citizen“ in Tansania.
Ugandas Entscheidung von vor 36 Jahren trägt heute Früchte. Experten aus Uganda und Tansania arbeiten rund um die Uhr daran, dass Uganda sein Öl künftig komplett über Tansania beziehen kann. Tansanias Präsidentin Samia Suluhu steht hinter dem Projekt. Die Hafenbehörden von Daressalam bieten Ugandern kostenfreie Lagerkapazitäten und Steuerbefreiungen. Das soll kompensieren, dass Daressalam von Uganda viel weiter entfernt ist als Mombasa und der Transport damit teurer.
Uganda und Kenia teilen eine lange Geschichte als die historisch engsten Partner in Ostafrika. Der bevorstehende Schwenk Ugandas von Mombasa nach Daressalam ist ein mutiger, schmerzhafter Trennungsschritt. Schmerzhaft, weil er für Uganda kostspielig sein könnte, aber mutig, weil er Uganda auch zu einer Energiewende anspornt: weniger importierte fossile Brennstoffe, mehr heimisch erzeugte Elektrizität.
Aus dem Englischen von Dominic Johnson
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