Jens Boysen : Pädagoge ahoi
Kapitän und Lehrer, Muschelfischer und Landwirt: Jens Boysen hat vieles gemacht in seinem Leben. Heute bildet der Kapitän des Frachters „MS Steenborg“ Jugendliche ohne Schulabschluss zu Decksleuten aus. Für die „Jungs“, wie Boysen sagt, ist das oft die einzige Chance auf eine Lehrstelle. Und für viele das erste Mal im Leben, das sie ein Ziel erreichen.
Boysen wurde 1946 auf Pellworm geboren und wuchs unter einfachsten Verhältnissen auf: weder Strom noch fließend Wasser, dafür Eltern, die ihrem Sohn Horizonte eröffneten. Nach der Mittelschule fuhr er zur See. An Bord kam Boysen mit den seltsamsten Typen gut zurecht. So kam er auch auf die Idee, Lehrer zu werden. Nach Lehrgang und einer Prüfung studierte er an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg und erwarb in den Semesterferien das Kapitänspatent. Seine Diplomarbeit schrieb er über verhaltensauffällige Jugendliche und Therapie auf See – schon damals, 1977, arbeitete er an entsprechenden Projekten mit.
Eine Zeit lang fuhr er mit dem eigenen Frachter „Süderoog 1“, dann zog er mit Frau und zwei Pflegekindern nach Pellworm – ein eigenes Kind wurde kurz darauf geboren – und kümmerte sich um die Familie und eine kleine Landwirtschaft. Später war er Muschelfischer, dann als Kapitän angestellt. Seit 2000 ist Boysen wieder mit einem eigenen Schiff unterwegs, der „MS Steenborg“. Hauptsächlich Getreide fährt der Frachter die Küste hoch und runter. Seit einigen Jahren mischen sich die „Jungs“ unter die Mannschaft. Vermittelt werden sie meist über den Hamburger Trägerverein Gangway, dann erhält Boysen Pflegesätze. Andere erarbeiten sich als Praktikanten Essen und Schlafplatz. Dafür werden sie ausgebildet zum „Decksmann mit Wachberechtigung“, eine Art angelernter Seemann.
Neben Knoten und Windrichtungen lernen die Jugendlichen Sozialverhalten: „Wir leben auf engstem Raum“, sagt Boysen. „Wer das nicht kann, fliegt raus.“ Der pädagogische Kapitän gehört zu den Gewinnern des „Deichmann-Förderpreises“, mit dem die Schuhkette soziale Projekte belohnt. Am Montag entscheidet sich, auf welchem Platz im Bundesvergleich Boysen landet. EST