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Jazzer vor Prager Gericht

■ Sieben tschechische Jazzer wegen illegaler kommerzieller Tätigkeit angeklagt / Höhepunkt eines 15jährigen Konflikts zwischen Jazz–Sektion und Staat / Höchststrafe von acht Jahren droht

Prag (afp) - Sieben Angehörige der tschechoslowakischen Jazz– Sektion, eine regierungsunabhängige Prager Kultureinrichtung, müssen sich ab heute bis Donnerstag vor einem Prager Gericht verantworten. Ihnen werden illegale kommerzielle Tätigkeiten zur Last gelegt. Die vom tschechoslawischen Recht hierfür vorgesehene Höchststrafe beträgt acht Jahre Freiheitsentzug. Unter den Angeklagten befinden sich der Präsident der Jazz–Sektion, Karel Srp, und sein Sekretär Wladimir Kouril. Dieser Prozeß, zu dem westliche Pressevertreter zugelassen sind, ist der bislang letzte Akt eines 15 Jahre alten Konfliktes zwischen dem tschechoslowaki schen Staat und dieser vom Kulturministerium nicht kontrollierbaren antikonformistischen Organisation. Die sieben Angeklagten waren am 2. September vergangenen Jahres in Prag festgenommen worden. Unter öffentlichem Druck ließen die tschechoslowakischen Behörden zwischen dem 27. Dezember und dem 22. Januar fünf der Angeklagten frei. Srp und Kouril blieben trotz ihres Gesuchs auf Freilassung in Haft. Die Jazz– Sektion mit ihren 7.000 Mitgliedern und 100.000 Sympathisanten ist, wie der Ausschuß hervorhebt, offiziell beim Internationalen Jazz–Verband beim Musikrat des UNO–Organisation für Wissenschaft und Kultur, UNESCO eingeschrieben. Ihre Aktivitäten seien legal. Sie habe rein kulturellen Charakter, auch wenn einige ihrer Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung „Charta 77“ angehören. Es solle eine Organisation kaltgestellt werden, die bei einem großen Teil der tschechoslowakischen Jugend sehr populär ist. Die Prager Jazz–Tage haben seit ihrer Gründung 1974 bis zu ihrem Verbot 1980 immer wieder Tausende von Jugendlichen angezogen. Zu den Aktivitäten der 1971 gegründeten Sektion gehören auch Ausstellungen nonkonformisitischer Künstler sowie Schriften zu Kunst und Literatur.

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