piwik no script img

Japans Kriegsschuld

■ Parlament bedauert „Greueltaten“ in Asien / Keine Entschuldigung

Tokio (AP/taz) – Nach einer monatelang erbittert geführten Debatte hat das japanische Unterhaus am Freitag mit den Stimmen der Regierungsparteien eine Resolution verabschiedet, in der „tiefe Reue“ für „Akte der Aggression“ während des Zweiten Weltkriegs bekundet wird.

Die Resolution ist ein Kompromiß der beiden großen Regierungsparteien. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Tomiichi Murayama wollten das Wort „Entschuldigung“ in den Text schreiben und einige der schlimmsten Greueltaten der japanischen Armee aufführen. Dies wurde von den Liberaldemokraten aus Rücksicht auf Angehörige gefallener japanischer Soldaten abgelehnt.

Die oppositionelle Fortschrittspartei kritisierte, daß in der Resolution ein Hinweis auf unterschiedliche historische Auslegungen der Kriegsjahre enthalten sei. Dies leiste den Revisionisten in Japan Vorschub, die den Eroberungsfeldzug als Befreiung Asiens von den europäischen Kolonialherren verbrämten und daher eine Kriegsschuld ganz leugneten.

Die Verabschiedung der Resolution markiert den vorläufigen Höhepunkt einer Debatte, in deren Verlauf sich die Japaner wie nie zuvor seit ihrer Kapitulation im September 1945 mit einem der dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte auseinandergesetzt haben. Die Armee des Kaiserreichs hatte in den 30er und 40er Jahren fast ganz Ostasien unterjocht und sich zahlreicher Kriegsverbrechen wie Massenmord, Zwangsprostitution und Vertreibung schuldig gemacht.

In den meisten Ländern, die Opfer der japanischen Aggression waren, fielen die Reaktionen auf die Parlamentsentscheidung verhalten bis negativ aus. In Seoul demonstrierten etwa 1.000 Menschen, die meisten davon älter als 60 Jahre, gegen die Resolution. Vor der japanischen Botschaft verbrannten sie Puppen ranghoher japanischer Politiker und forderten eine klare Entschuldigung sowie finanzielle Entschädigungen von Tokio.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen