Japan-Ticker vom 22.3.2011: Katastrophe schlimmer als zugegeben
Immer mehr Lebensmittel werden verboten, Tokios Wasser ist radioaktiv belastet. Ein Atomexperte schätzt die Lage "viel schlimmer" ein als bekannt gegeben wird.
Eine aktuelle Zusammenfassung der Lage in Japan finden Sie hier.
6.38 Uhr: Radioaktives Wasser in Tokio
In einer Wasseraufbereitungsanlage in der Hauptstadt Tokio wird den Behörden zufolge erhöhte Radioaktivität gemessen. Das Wasser solle Säuglingen nicht gegeben werden.
Die erhöhten Werte an radioaktivem Jod im Trinkwasser wurden in einer Wasseraufbereitungsanlage in Tokio festgestellt. Der Grenzwert des japanischen Gesundheitsministeriums liegt für Babys bei 100 Becquerel pro Kilogramm, berichtete der Fernsehsender NHK. Kinder unter einem Jahr sollten deshalb vorerst kein Leitungswasser oder mit Leitungswasser angerührtes Milchpulver mehr trinken. Die Warnung gelte für alle 23 zentralen Bezirke in Tokio und für das westlich gelegene Tama-Gebiet. Bei radioaktivem Cäsium 137 seien keine überhöhten Werte registriert worden.
5.59 Uhr: Katastrophe schlimmer als angegeben
Der Atomexperte Mycle Schneider kritisiert die Informationspolitik der japanischen Regierung. "Für mich ist die Lage viel schlimmer, als bekannt gegeben wird", sagte er der Berliner Zeitung. Tage nachdem die US-Atombehörde den Störfall bereits auf Stufe 6 gesetzt hatte, hob Japan das Unglück erst auf Stufe 5 an. Die Katastrophe in Tschernobyl wurde damals mit der höchsten Stufe 7 bewertet. "Das ist keine Frage von Stress, das ist Kalkül. Das zeigt, dass ein paar Leute gewillt sind, die Dramatik herunterzuspielen", sagte Schneider.
Stufe 5 entspricht der Havarie 1976 im amerikanischen Reaktor Three Mile Island nahe Harrisburg. "Das war ein einziger Reaktor, dem man von außen nicht einmal angesehen hat, dass es Probleme gab. Fukushima, wo sechs Reaktoren betroffen sind, ist im Vergleich dazu eine Desasterzone."
5.06 Uhr: Abwrackrämie für alte Haushaltsgeräte
Unternehmer fordern eine Abwrackprämie für alte stromfressende Haushaltsgeräte. Die Niederlande und Österreich hätten mit großem Erfolg entsprechende Programme umgesetzt, sagte der Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). Nach seiner Ansicht muss die Regierung angesichts der ungewissen Atom-Zukunft das Thema Energiesparen viel stärker in den Blick nehmen. "Wir brauchen ein Sofortprogramm für mehr Energieeffizienz, nachdem sich die Laufzeitverlängerung als Irrweg herausgestellt hat", sagte Noll.
Durch Maßnahmen in Industrie, privaten Haushalten und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen könnten bis 2020 jährlich rund 70 Milliarden Kilowattstunden (kWh) eingespart werden, sagte Noll. Das entspreche der Jahresstrommenge von zehn Atomkraftwerken.
4.49 Uhr: Probelauf der Pumpanlagen
Der Fernsehsender NHK berichtet, dass der Probelauf der Pumpanlagen von Reaktor 3 unmittelbar bevorstehen. Davon hängt ab, ob die Kraftwerksbetreiber den Problemreaktor wieder unter Kontrolle bekommen.
4.39 Uhr: Reaktor 3 hat wieder Licht
Der zentrale Kontrollraum des schwer beschädigten Block 3 hat wieder Licht. Das Kühlsystem ist aber auch weiterhin Strom. Die Einsatzkräfte wollen nun versuchen, die Wasserpumpen wieder mit Strom zu versorgen.
4.36 Uhr: Reaktor 1 steigen die Temperaturen
Im Reaktor 1 ist die Temperatur nach Angaben der Behörde wieder über den Grenzwert gestiegen, für den der Meiler ausgelegt ist. In einem Druckbehälter sind 400 Grad Celsius gemessen worden, heißt es. Der Grenzwert liegt bei 302 Grad. Es bestehe dennoch keine unmittelbare Gefahr, erklärt die Reaktorsicherheitsbehörde.
3.53 Uhr: Schaden bei über 200 Milliarden Euro
Die japanische Regierung schätzt den von Erdbeben und Tsunami verursachen Schaden auf bis zu 25 Billionen Yen (218 Milliarden Euro). Eine entsprechende Schätzung wird Wirtschaftsminister Kaoru Yosano heute bei einer Kabinettssitzung vorlegen.
3.47 Uhr: Regierung weitet Lebensmittelverbot aus
Die japanische Regierung hat das Ausfuhrverbot landwirtschaftlicher Produkte auf zwei Präfekturen ausgeweitet. Neben der Präfektur Fukushima gilt das Verbot nun auch für Ibaraki. Ministerpräsident Naoto Kan ordnete einen Lieferstopp für Brokkoli und das japanische Gemüse Komatsuna aus der Region Fukushima sowie für Rohmilch und Petersilie aus der Präfektur Ibaraki an. Zudem bat Kan die Bevölkerung als Vorsichtsmaßnahme zudem darum, auf den Verzehr von Spinat, Brokkoli, Kohl, Blumenkohl und anderer Produkte zu verzichten.
Die US-Lebensmittelbehörde geht noch weiter und kündigte strengere Importvorschriften für Milchprodukte, Gemüse und Obst auch aus den Präfekturen Tochigi und Gunma an.
3.39 Uhr: Arbeit in Reaktor 2 erneut unterbrochen
Die Arbeiten zur Instandsetzung der Reaktortechnik im Block 2 sind wegen zu hoher Strahlenbelastung erneut unterbrochen worden. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo wurde eine Radioaktivität von 500 Millisievert pro Stunde gemessen - die natürliche Hintergrundstrahlung liegt je nach Region bei etwa 2 Millisievert pro Jahr.
3.27 Uhr: Über 100 Waise
Das Gesundheitsministerium leitete eine Untersuchung ein, um Kindern beizustehen, die ihre Eltern verloren haben. Es bestehe die Sorge, dass die Katastrophe mehr Kinder zu Waisen gemacht habe als das Erdbeben von Kobe im Jahr 1995, sagte ein Sprecher des Sozial- und Gesundheitsministeriums. Damals verloren etwa 100 Kinder ihre Eltern. Nach der Erfassung der Waisen sollen diese in Heime kommen oder an Pflegeeltern vermitteln werden. Dies werde aber wegen des großes Ausmaßes der Zerstörung noch einige Zeit dauern, sagte der Ministeriumssprecher.
3.25 Uhr: Zahl der Toten steigt auf mehr als 23.000
Auch zwölf Tage nach der schweren Naturkatastrophe steigt die Zahl der Todesopfer weiter: Bisher wurde der Tod von 9.301 Menschen bestätigt, wie die Polizeiführung in Tokio nach mitteilte. 13.786 Menschen werden noch vermisst. Mit zusammen genommen vermutlich mehr als 23.000 Toten ist das die größte Naturkatastrophe in Japan seit dem Erdbeben von 1923, als 105 000 Menschen in den Tod gerissen wurden.
3.07 Uhr: Seehofer will Atomkraftgegner bleiben
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat vor einer Abkehr vom neuen Atomkurs in Deutschland gewarnt. Nach dem Ende des von der Bundesregierung verhängten dreimonatigen Moratoriums für ältere Kernkraftwerke dürfe die Politik nicht wieder so handeln wie vor dem Atomunglück in Japan, sagte der CSU-Vorsitzende der Süddeutschen Zeitung. "Das Thema Atom wird nicht mehr verschwinden", fügte er hinzu. Seehofer sagte, er könne nicht ausschließen, dass manche auch in den eigenen Reihen mit einem zeitlichem Abstand oder bei einem Ausbleiben der totalen Katastrophe in Japan versuchen könnten, wieder zu alten Positionen zurückzukehren. Dies sei mit ihm aber nicht zu machen. "Davon wird mich niemand mehr runterbringen", sagte der CSU-Chef.
2.53 Uhr: Feuerwehr spritzt wieder Seewasser
Einsatzkräfte haben erneut begonnen, mehrere Reaktorblöcke von außen mit Wasser zu kühlen. Ein Tankwagen der Feuerwehr hat am morgen wieder begonnen, den Reaktorkern von Block 1 mit Seewasser zu besprühen, sagte der Sprecher der Atomsicherheitsbehörde (NISA), Hidehiko Nishiyama. Ein ähnlicher Einsatz begann am Reaktorblock 4 - dort ist es das Ziel, das Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe zu kühlen. Als nächstes wollen die Betreiber versuchen, die regulären
Kühlsysteme der Reaktorblöcke wieder in Gang zu bringen.
2.04 Uhr: Nachbeben verursacht keine weiteren Schäden
Die heftigen Erdstöße in der unmittelbaren Umgebung des Atomkraftwerks Fukushima haben keine weiteren Schäden verursacht, teilt die Reaktorsicherheitsbehörde NISA mit. Die laufenden Arbeiten werden fortgesetzt.
1.08 Uhr: Japan veröffentlich atomare Giftliste
Das japanische Gesundheitsministerium hat eine Liste mit elf Gemüsearten veröffentlicht, bei denen eine teilweise drastisch erhöhte Radioaktivität festgestellt wurde. Darunter sind Spinat, Broccoli, Kohl und das japanische Blattgemüse Komatsuna. Das Ministerium rief die Verbraucher auf, dieses in der Präfektur Fukushima erzeugte Gemüse nicht zu verzehren.
23.55 Uhr: Ex-Bundeskanzler als Atom-Lobbyist
In Österreich beschäftigte sich in einer Sondersitzung des Nationalrat mit dem Aufsichtsratsposten des ehemaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel (ÖVP) im deutschen Atomenergiekonzern RWE. Dafür bekommt er eine Million Euro für vier Jahre. Als Gegenleistung soll Schüssel etwa bei Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel darauf gedrängt haben, dass sie später aus der Atomkraft aussteigt, schreibt oe24.at. In der Sondersitzung bekräftigten unterdessen alle Parteien den Anti-Atom-Kurs Österreichs.
23.37 Uhr: Heftiger Erdstoß erschüttert Nordostjapan
Erneut hat ein heftiger Erdstoß die Region erschüttert. Der staatliche Wetterdienst registrierte am morgen (Ortszeit) das Beben mit einer Stärke von 6,0. Eine Tsunami-Warnung wurde nicht ausgelöst. Das Beben war auch in der Präfektur Fukushima zu spüren, wo am Atomkraftwerk Fukushima Eins immer noch eine Kernschmelze droht.
22.56 Uhr: Mappus will keinen schnellen Ausstieg
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat wenige Tage vor der Landtagswahl vor den Folgen eines überstürzten Ausstiegs aus der Atomkraft gewarnt. "Ich bin für den möglichst raschen Umstieg, aber wir müssen ihn so hinkriegen, dass unser Wohlstand erhalten, Strom jederzeit verfügbar und bezahlbar bleibt", sagte Mappus. Eine Rückkehr zum rot-grünen Atomkonsens mit wesentlich kürzeren Laufzeiten sieht er vorerst nicht. "Ich gehe vom Status quo aus."
21.37 Uhr: Schätzungen der Cäsium- und Jod-Emissionen
Der meteorologische und geophysikalische Dienst Österreichs hat versucht die radioaktiven Emissionen von Fukushima I abzuschätzen. Demnach sind in der Zeit vom 12. bis 15. März. Insgesamt sind 4 x 1017 Becquerel Jod-131 freigesetzt worden, berichtet die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien. Das entspricht etwa einem Fünftel der in Tschernobyl freigesetzten Menge. Für Cäsium-137 hat das ZAMG eine Gesamtemission für die vier Tage von 3 x 1015 bis 3 x 1016 geschätzt. Das ist etwa die Hälfte des Cäsium-137, das bei der Atomkatastrophe von Tschernobyl freigesetzt wurde.
21.05 Uhr: Uralt-Atomkraftwerk bleibt am Netz
Trotz öffentlicher Kritik hat die US-Atomregulierungsbehörde (NRC) die Lizenz für ein fast 40 Jahre altes, unfallträchtiges Atomkraftwerk verlängert. Die Anlage im US-Staat Vermont dürfe 20 weitere Jahre in Betrieb bleiben, heißt es in der Entscheidung der Behörde. Örtliche Politiker und Kernkraftgegner zeigten sich besorgt. Das Atomkraftwerk Yankee hat einen ähnlichen Bauplan wie das beschädigte Krisen-AKW im japanischen Fukushima. In dem US-Meiler war es in den vergangenen Jahren widerholt Zwischenfällen gekommen.
21.04 Uhr: Atompolitik im Bundestag
Auf Antrag der Linksfraktion befasst sich der Bundestag am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit der anstehenden Überprüfung der 17 deutschen Atomkraftwerke. Dabei geht es um die Anforderungen des Umweltministeriums für die Untersuchungen als Konsequenz auf die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima. Die Opposition dringt auf strenge Maßstäbe, dies könnte aber angesichts möglicher Milliardenkosten für Nachrüstungen viele Atomkraftwerke unrentabel machen.
20.52 Uhr: Frankreich bleibt beim Atomstrom
Die französische Regierung will trotz des Reaktor-Unfalls in Japan an dem Ausbau der Atomkraft festhalten. In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt schreibt der Generalsekretär der Regierungspartei UMP, Jean-Francois Cope, einem Vorabbericht zufolge, Kernenergie leiste einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz, mache Frankreich unabhängiger von Energie-Importen und erzeuge billigen Strom. Atomkraft und erneuerbare Energien seien keine Alternativen, sondern müssten sich ergänzen. Frankreich bezieht 85 Prozent seines Stroms aus Atomkraft. Viele Reaktoren stehen auch nahe der Grenze zu Deutschland.
20.17 Uhr: Expertenhilfe von Toshiba und Hitachi
Die beiden Elektronikkonzerne und AKW-Bauer Toshiba und Hitachi haben mehr als zweihundert Experten in die Atomkomplexe Fukushima I (Daiichi) und Fukushima II (Dani) geschickt, berichtet reuters. Die Task-Force für den Atomunfall im Norden Japans besteht bei Toshiba aus insgesamt 700 Mitarbeiter. Einhundert davon sind in Fukushima. Hitachis Expertengruppe umfasst 1.000 Mitarbeiter, 120 sind im havarierten Atomkomplex. Toshiba hat vier der sechs Reaktorblöcke in Fukushima I mitgebaut. Zwei zusammen mit General Electric und zwei alleine. Einen der sechs Reaktoren baute Hitachi, den sechsten baute General Electric allein. In Fukushima II sind von den vier Reaktoren jeweils zwei von Toshiba und Hitachi.
19.38 Uhr: Seehofer warnt vor Rückfall
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat davor gewarnt, am Ende des dreimonatigen Atom-Moratoriums so weiter zu machen wie vor dem Atomunglück in Japan. "Das Thema Atom wird nicht mehr verschwinden", sagte er der SZ. Er könne nicht ausschließen, dass manche auch in den eigenen Reihen mit einem zeitlichem Abstand oder bei einem Ausbleiben der totalen Katastrophe in Japan versuchen könnten, wieder zu den alten Positionen zurückzukehren. Das aber sei mit ihm nicht zu machen. "
19.38 Uhr: Rückversicher müssen zahlen
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re kassiert wegen der Katastrophen in Japan sein Gewinnziel für 2011. Nach der vorläufigen Schadenschätzung für das verheerende Erdbeben und den nachfolgenden Tsunami könne das Ziel von rund 2,4 Milliarden Euro nicht aufrecht erhalten werden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend in München mit. Munich Re bezifferte die Schäden zunächst auf 1,5 Milliarden Euro vor Steuern. Der zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re rechnet bisher mit einer eigenen Schadensbelastung aus der Naturkatastrophe in Japan in Höhe von rund 846 Millionen Euro.
19.05 Uhr: Erste radioaktive Substanzen in Island angekommen
Die ersten radioaktiven Partikel aus der japanischen Atomanlage Fukushima I sind jetzt in der isländischen Hauptstadt Reykjawik nachgewiesen worden, meldet der Nachrichtendienst kyodo. Registriert wurden die Substanzen von den höchst empfindlichen Messsystemen, die zur weltweiten Überwachung des Atomtest-Stopps installiert wurden. Anlass zur Sorge besteht nicht, denn es handelt sich nur um geringe Mengen.
18.43 Uhr: Mangel an Messdaten
Der Strahlenbiologe Edmund Lengfelder wirft den Verantwortlichen in Japan gezielte Falschinformation vor. Er habe den Eindruck, "dass hier die Öffentlichkeit - und dann auch die westliche Öffentlichkeit - nicht angemessen und nicht wahrheitsgemäß unterrichtet wird", sagte der Leiter des Münchner Otto-Hug-Strahleninstituts am Dienstag im Deutschlandradio Kultur.
Lengfelder kritisiert vor allem einen Mangel an Messdaten aus der radioaktiv belasteten Zone um das Atomkraftwerk in Fukushima: Er sei skeptisch, "ob konsequent gemessen" und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse ausreichend informiert werde. Bislang seien zu wenig verlässliche Daten veröffentlicht worden.
17.51 Uhr: Naota Kan verspricht Transparenz
Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan hat der EU Transparenz in der Atomkrise versprochen. In einem Telefongespräch mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy habe er zugesagt, die internationale Gemeinschaft über die Entwicklung im beschädigten Kernkraftwerk Fukushima auf dem Laufenden zu halten, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo am späten Dienstagabend (Ortszeit). Die japanischen Behörden waren wegen ihrer zurückhaltenden Informationspolitik nach der Erdbebenkatastrophe in den Medien in die Kritik geraten.
17.43 Uhr: Radioaktive Belastung der Böden
Um das 400-fache erhöhte Strahlenwerte wurden rund 40 Kilometer nordwestlich des Katastrophenreaktors Fukushima I gemessen. Das teilte das japanische Wissenschaftsministerium mit, berichtet der Fernsehsender NHK. Bereits am Montag seien im Boden, in fünf Zentimetern Tiefe, stark erhöhte Cäsium- und Jodwerte festgestellt worden.
Die Belastung mit dem krebserregenden Isotop Jod-131 liege 430 mal über dem Wert, der normalerweise im Boden gemessen wird, erklärte Keigo Endo von der Gunma Universität. Der Wert lag bei 43.000 Becquerel pro Kilogramm Boden. Die Belastung mit Cäsium-137 lag mit 4.700 Becquerel um das 47-fache über dem Normalwert.
17.11 Uhr: Sicherheitsbewertung auch für die Atommüll-Läger
Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigte Neubewertung der Sicherheit von Atomanlagen nach der Katastrophe in Japan gelte auch für die Lagerstätten, sagte der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU). Zusätzliche Sicherheitsüberprüfungen solle es auch für das Zwischenlager in Gorleben, das Endlager Schacht Konrad und das marode Atommülllager Asse geben. Die Kriterien dafür würden aber erst am 30. März erarbeitet. Dabei gehe es laut dpa um Fragen der Hochwasser- und Erdbebensicherheit, um Risiken durch Terroranschläge und die Notstromversorgung.
16.59 Uhr: Atom-Moratorium in Italien
Italien wird seine Pläne für den Wiedereinstieg in die Atomenergie für ein Jahr aussetzen. Das gab der Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Paolo Romani bekannt, berichtet die Nachrichtenagentur Ansa. Die Entscheidung über das einjährige Moratorium werde am Mittwoch bei einer Kabinettssitzung getroffen.
Das für Erdbeben anfällige Italien hatte 1987 AKWs verboten. Es ist das einzige Land unter den acht führenden Industrienationen (G8) ohne eigene Anlagen. Die bisherigen Pläne sahen den Bau von vier Reaktoren in den kommenden Jahren vor. Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte sich zuversichtlich geäußert, in Zukunft ein Viertel des Energiebedarfs durch Atomenergie abzudecken.
16.32 Uhr: Merkel sucht Rat bei neuer Kommission
Bundeskanzlerin Angela Merkel sucht zur Lösung der Atomfrage Rat bei gleich zwei Kommissionen. Dies ist das magere Ergebnis nach dem Spitzentreffen am Dienstag mit den Unions-Ministerpräsidenten aus den fünf AKW-Standortländern Hessen, Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Zu Klärung der technischen Fragen soll die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) befragt werden. Für die ethischen Probleme soll ein "Rat der Weisen" einberufen werden. Vorsitzende der neuen Kommission sollen der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, werden. Weitere Gremienmitgliedern sind unter anderem der badische evangelische Landesbischof Ulrich Fischer, der Soziologe Ulrich Beck und der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD). Insgesamt nannte Merkel 14 Namen. Der Kanzlerin zufolge könnte die Ethikkommission noch um bis zu drei Personen ergänzt werden.
16.32 Uhr: Gouveneur von Fukushima ist sauer
Der Gouverneur der Präfektur Fukushima, Yuhei Sato, ist sauer auf den AKW-Betreiber Tepco. Eine Einladung zu einem Treffen mit Tepco-Präsident Masataka Shimizu wies der Gouveneur scharf zurück. "Für Tepco ist es jetzt am wichtigsten, die Krise mit maximalem Einsatz zu beenden. Deswegen habe ich das Angebot abgelehnt", sagte Sato dem Fernsehsender NHK. Auch von der Entschuldigung der Konzernspitze wollte Yuhei Sato nichts wissen. "Angesichts der Sorge, der Wut und der Verzweiflung, die die Menschen in Fukushima empfinden, gibt es für mich keinen Weg, eine Entschuldigung anzunehmen", sagte er.
16.22 Uhr: Schalter defekt im AKW Brokdorf
Im schleswig-holsteinischen Kernkraftwerk Brokdorf hat es ein meldepflichtiges Ereignis gegeben. Es habe sich bei einer monatlich durchzuführenden Prüfung eine Pumpe des Zwischenkühlsystems nicht wie vorgesehen automatisch eingeschaltet, teilte das für die Atomaufsicht zuständige Kieler Justizministerium mit. Die Betreiber des AKW, der deutsche Energiekonzern E.ON Kernkraft und der schwedische Konzern Vattenfall Europe Nuclear Energy, haben das meldepflichtige Ereignis der Kategorie "N" (Normalmeldung) der Atomaufsichtsbehörde fristgerecht mitgeteilt, berichtet die Nachrichtenagentur dapd. Als Ursache wurde denmach ein defekter Schalter ermittelt. Eine nach dem Austausch des Schalters durchgeführte Funktionsprüfung sei ohne Beanstandung verlaufen, teilte das Ministerium weiter mit.
16.04 Uhr: "Ein gutes Zeichen"
Tepco wertet die installierte Beleuchtung des Kontrollraums von Block 3 als ein gutes Zeichen. Es sei ein Schritt, der intensivere Arbeit erlaube, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Vize-Präsident Sakae Muto sagte der Nachrichtenagentur Kyodo, er denke, die Situation werde sich nun in eine bessere Richtung entwickeln. Es sei allerdings noch zu früh, um zu behaupten, dass sich die Dinge grundlegend stabilisiert hätten.
15.32 Uhr: Wieder Licht im Kontrollraum von Block 3
Japanischen Technikern ist es gelungen, im Kontrollraum von Block 3 im AKW Fukushima Licht zu machen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Betreiberfirma Tepco. Block 3 gilt als besonders gefährlich. Reaktorkern und Brennstäbe sind beschädigt sowie die Kühlsysteme ausgefallen.
15.29 Uhr: Zahl der Opfer des Erdbebens steigt stündlich
Die Zahl der Todesopfer nach der Erdbebenkatastrophe in Japan steigt weiter fast stündlich. Bisher lag die Totenzahl nach Angaben der Polizei bei 9099. Mehr als 13 786 Menschen würden noch vermisst. Das berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo.
15.27 Uhr: Nur "geringfügige Auswirkungen" auf Europa
Das Bundesamt für Strahlenschutz erwartet, dass die Atomkatastrophe in Japan "allenfalls geringfügige Auswirkungen" auf die radioaktive Belastung in Europa haben wird. Bisher sei kein Anstieg gemessen worden, sagte eine Sprecherin am Dienstag in Salzgitter. Die Überwachung in Deutschland erfolge rund um die Uhr mit einer Vielzahl amtlicher Messstationen.
14.44 Uhr: Feuerwehrleute offenbar zu Einsatz gezwungen
Laut Nachrichtenagentur afp soll Industrieminister Banri Kaieda Feuerwehrleuten Strafen angedroht haben, wenn sie nicht in den lebensgefährlichen Einsatz zur Kühlung der havarierten Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima I ziehen. Bisher hieß es immer, der Einsatz sei freiwillig. Die Kämpfer gegen die Kernschmelze wurden als Helden gefeiert.
Tokios Gouverneur Shintaro Ishihara sagte japanischen Medien am Montag, ein nicht näher bezeichneter japanischer Minister habe den Einsatzleuten befohlen, "sofort an die Arbeit zu gehen, sonst würden sie bestraft". "Er wusste nicht einmal, wie die Lage vor Ort für die Arbeiter war und welche Kapazitäten sie hatten", sagte Ishihara. Er habe sich darüber bei Kan beschwert, der sich bei ihm für das Verhalten des Ministers entschuldigt habe.
Auch wenn Kaieda die Strafandrohung nicht bestätigen wollte, entschuldigte er sich heute. "Wenn meine Äußerungen die Feuerwehrleute verletzt haben (...), möchte ich mich entschuldigen", zitierte ihn die Nachrichtenagentur Kyodo. Zuvor hatte Kan gesagt, dem Minister tue es "sehr leid". Denn Kaieda ist neben ihm eine zentrale Figur bei der Krisenbekämpfung: Er assistiert Kan im Krisenstab als Vize.
14.30 Uhr: Tepco will Schadenersatz für Landwirte leisten
Tepco will für die entstandenen Schäden der Landwirte, die ihnen wegen Fukushima I entstanden sind, kompensieren. Das berichtet die Financial Times. Wegen der nuklearen Katastrophe musste Bauern aus dem Norden Japans ihre Produkte vom Markt nehmen.
14.13: Toyota lässt Produktion weiterhin ruhen
Bei Toyota in Japan läuft auch diese Woche kein einziges Auto vom Band. Der Weltmarktführer wird seine Endmontagewerke wegen der Katastrophe im Land bis mindestens Samstag geschlossen halten. "Eine Entscheidung, wann die Produktion wieder aufgenommen wird, muss noch getroffen werden", teilte der Konzern in New York mit.
Seit dem 14. März stehen die Fabriken still. Lediglich die Ersatzteil-Produktion sowie die Teileproduktion für die ausländischen Endmontagewerke laufen wieder. Deshalb bekommen Kunden in Deutschland auch kaum etwas von den Engpässen mit: Der Großteil der in Europa oder den USA verkauften Toyota stammt wie auch bei der Konkurrenz aus Werken in der Region.
Toyota in Japan erklärte laut des dortigen Fernsehsenders NHK, dass die kritische Lage im Atomkraftwerk Fukushima I einige Zulieferer davon abhalte, ihre Produktion wieder aufzunehmen. Toyota erwäge deshalb, die erforderlichen Teile bei anderen Zulieferern zu beschaffen. Außerdem solle der Schwerpunkt der Produktion auf diejenigen Modelle gelegt werden, für die alle Teile vorhanden seien. In Japan läuft etwa der Hybrid-Verkaufsschlager Prius vom Band.
13.38: Hilfe des UN-Welternährungsprogramms
Logistikexperten des UN-Welternährungsprogramms (WFP) helfen Japan nach dem schweren Erdbeben und dem Tsunami mit einem raschen Transport von Hilfsgütern. Dies meldet die Nachrichtenagentur dpa. Es gehe darum, etwa 350 000 Menschen zu versorgen, die dort in 2100 Notunterkünften untergebracht seien, teilte WFP-Exekutivdirektorin Josette Sheeran in Rom mit.
13.26: Strahlenwerte in Tokios Uni
Die Tokyo Universität gibt stündlich auf ihrer Homepage die Strahlenwerte auf ihrem Campus heraus.
13.21: Weniger Seiten und keine Farbe für Japans Zeitungen
Auch das ist eine Folge des Erdbebens. Denn eineinhalb Wochen nach der Katastrophe wird offenbar die Druckerschwärze für japanische Zeitungen knapp. Hersteller forderten Zeitungen auf, die Seitenanzahl zu reduzieren und weniger farbige Bilder zu drucken. Nach Berichten des Fernsehsenders NHK vom Dienstag gibt es Engpässe bei einem wichtigen Inhaltsstoff, weil einige Chemiefirmen im Nordosten Japans bei dem Erdbeben und Tsunami am 11. März zerstört wurden. Sollte sich die Lage nicht ändern, würde den Druckern die Tinte innerhalb eines Monats ganz ausgehen.
13.14: Weitere schwere Nachbeben befürchtet
Die Behörden haben vor weiteren schweren Nachbeben in der Krisenregion im Nordosten Japans gewarnt. Die Erdstöße könnten die Stärke 7 oder mehr haben, berichtete die japanische Wetterbehörde nach Angaben des Senders NHK. Die Beben könnten bereits beschädigte Gebäude zum Einsturz bringen oder einen weiteren Tsunami auslösen.
13.11: Wind dreht Richtung Tokio
In den nächsten Tagen dreht der Wind im japanischen Katastrophengebiet in eine für Tokio eher ungünstige Richtung. Derzeit wehe er schwach vom Land aufs Meer und weg von der Hauptstadt, sagte Uwe Baumgarten vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. In den nächsten Tagen drehe der Wind aber leicht auf Nordwest und wehe Schadstoffe möglicherweise in Richtung Tokio.
13.06: Pumpe aus Deutschland sorgt für Kühlung
Eine Betonpumpe aus Deutschland hilft bei der Kühlung des schwer beschädigten Atomkraftwerks Fukushima I. Die Pumpe sprühe Wasser auf den Reaktor 4 der Anlage, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo. Die Pumpe habe einen rund 50 Meter langen Arm, durch den sie flüssigen Beton oder Wasser leiten könne.
13.03: Abklingbecken wieder mit Wasser gefüllt
Das Abklingbecken im Reaktor 2 ist nach Angaben der japanischen Atomaufsicht wieder mit Wasser gefüllt. Das vermeldet die Nachrichtenagentur Reuters.
12.51: Meerwasser radioaktiv verseucht
Die japanische Regierung und Tokyo Electric Power Co. (Tepco) beurteilen den Einfluss der nuklearen Katastrophe in Fukushima auf das Meerwasser in der Umgebung des AKW als nicht gefährlich für die Gesundheit der Menschen. Trotzdem gestehen Experten des Unternehmens und Regierungssprecher ein, dass die Werte deutlich über dem Normal-Level liegen. Die berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo.
12.26: Alle Reaktoren wieder mit Strom
Im japanischen AKW Fukushima I haben nun alle sechs Reaktoren eine externe Verbindung zur Stromversorgung. Das meldete die Nachrichtenagentur Kyodo. Trotzdem sind weiterhin Rauchschwaden über dem Kraftwerk zu sehen.
12.16: Tepco entschuldigt sich bei Flüchtlingen
Der Energiekonzern Tepco hat sich bei Flüchtlingen aus dem Gebiet um das Unglückskraftwerk Fukushima für die Atom-Katastrophe entschuldigt. Norio Tsuzumi, ein Mitglied der Unternehmensspitze, sagte am Dienstag bei einem Besuch in einem Notlager: "Es tut uns leid, dass wir Ihnen so viel Mühe bereitet haben." Das meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo.
11.56 Uhr: Temperaturanstieg Grund zur Besorgnis
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass der Temperaturanstieg um den Kern des Reaktors 1 nach Ansicht des Betreibers einen Grund zur Besorgnis darstellt. Die Blöcke 1, 2 und 3 müssten zudem durch zusätzliche Wasserzufuhr weiter gekühlt werden.
10.48 Uhr: Armee soll öfter über AKW fliegen
Die japanische Armee soll nun täglich über das havarierte Atomkraftwerk Fukushima Eins fliegen, um in der Anlage die Temperatur zu messen. Das sagte Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa nach Angaben des Fernsehsenders NHK am Dienstag. Bisher hätten die Mess-Flüge zweimal in der Woche stattgefunden.
10.30 Uhr: Temperatur im Abklingbecken sehr hoch
Im japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi ist die Temperatur in einem Abklingbecken wieder gefährlich angestiegen. Das Wasser, in dem Brennstäbe zur Kühlung lagern, koche oder sei zumindest kurz davor, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde am Dienstag.
Die hohen Temperaturen in dem Becken könnten auch der Grund für die Rauch- oder Dampfwolken sein, die am Montag und Dienstag über den Blöcken 2 und 3 des havarierten AKWs zu sehen waren. Sollte das Wasser in den Abklingbecken verdampfen, würden die Brennstäbe freigelegt. Die Folge: Mehr Radioaktivität würde in die Umwelt entweichen.
9.46 Uhr: Erste US-Firma drosselt Atom-Investitionen
Angesichts der Atomkatastrophe in Japan ist als erste US-Firma der Energiekonzern NRG Energy Inc bei seinen Entwicklungsplänen für Atomreaktoren auf die Bremse getreten. Die regulatorischen Unsicherheiten seien zu groß, um weiter Geld in ein zehn Milliarden schweres Reaktor-Projekt in Texas fließen zu lassen, teilte NRG mit. Der Entwickler kerntechnischer Anlagen hatte bei der Entwicklung der Reaktoren eng mit dem japanischen Energiekonzern Tokyo Electric Power (Tepco) zusammengearbeitet, der Betreiber des Unglücksreaktors in Fukushima ist.
Der Rückzug von NRG gilt als Zeichen dafür, dass auch US-Konzerne mit regulatorischen Änderungen und damit einhergehenden höheren Kosten als Folge der Atomkatastrophe in Japan rechnen. Die US-Atomaufsichtsbehörde hatte eine Nachprüfung aller Anlagen angeordnet und damit die Unsicherheit über mögliche notwendige Änderungen beim Bau sowie über eine längere Wartezeit bei neuen Lizenzen geschürt.
9.10 Uhr: Wieder komlett am Stromnetz
Alle sechs Reaktoren des AKWs Fukushima I sind wieder an die Stromversorgung angeschlossen. Als letzte wurde eine Leitung zu den Reaktoren 3 und 4 gelegt, wie die japanische Atomaufsicht mitteilte. Die übrigen vier Reaktoren waren bereits zuvor an die Stromversorgung angeschlossen worden, allerdings ziehen bislang nur die Reaktoren 5 und 6 tatsächlich Strom. Zunächst müssten die Anlagen geprüft werden, bevor die Stromzufuhr freigegeben werden könne, sagte ein Sprecher der Behörde.
8.52 Uhr: Tepco arbeitet an Reaktivierung der Reaktor-Kontrollen
Tepco will nun mit der Reparatur wichtiger Messgeräte und einiger Funktionen in den Kontrollräumen vorankommen. Das erklärte Hidehiko Nishiyama, Sprecher der japanischen Atomsicherheitskommission. In den Blöcken 1 und 2 will der Betreiber damit am Mittwoch, in den Blöcken 3 und 4 am Donnerstag fertig sein.
8.23 Uhr: Japan prüft Hilfsangebot von US-Militär
Im Kampf gegen den Super-GAU könnte Japan bald Unterstützung aus den USA erhalten. Nach einem Bericht von Kyodo liegt Verteidigungsminister Toshimi Kitazawa ein Hilfsangebot des amerikanischen Militärs vor, ein Team von Atomexperten ins havarierte Kraftwerk Fukushima I zu schicken. Kitazawa wolle in den nächsten zwei Tagen entscheiden, ob er dieses Angebot annehme, berichtet Kyodo. Es sei am Montag unterbreitet worden.
8.00 Uhr: Betreiber sprüht wieder Wasser auf Block 3
Der havarierte Block 3 des Atomkraftwerks Fukushima I wird wieder mit Wasser besprüht. Das berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Dienstagnachmittag (Ortszeit). Der Block gilt als besonders gefährlich, da er Brennstäbe aus einem Plutonium-Uran-Mischoxid (MOX) enthält. Plutonium ist nicht nur radioaktiv, sondern auch hochgiftig. Auch der Block 4 soll im Laufe des Tages noch besprüht werden.
7.20 Uhr: Sony setzt Produktion in fünf Werken aus
Wegen Lieferengpässen ihrer Zulieferer nach dem Beben will Sony die heimische Produktion in fünf Werken bis Ende März einstellen. Das berichtete der Sender NHK. Betroffen seien die Werke in den Präfekturen Shizuoka, Aichi, Gifu and Oita. Es werde überlegt, die Produktion bis dahin ins Ausland zu verlagern, hieß es. Die fünf Werke stellten hauptsächlich Kameras, Handys, Flachbildschirme, Mikrofone und Sendetechnik her. Die Herstellung von Batterien in einem Werk in Shimotsuke in der Präfektur Tochigi im Norden von Tokio laufe unterdessen wieder. Wann die sieben Sony-Werke in den von der Katastrophe betroffenen Regionen Tohoku und Ibaraki ihre Produktion wiederaufnehmen werden, war noch unklar.
6.50 Uhr: Betreiber sagen, 14 Meter hohe Welle traf AKW
Die zwei beschädigten AKWs in Fukushima sind nach Angaben des Betreibers von einer 14 Meter hohen Flutwelle getroffen worden. Das sei mehr als doppelt so hoch, wie Experten bei der Planung der Anlagen erwartet hatten. Das berichtet der Sender NHK unter Berufung auf die Tokyo Electric Power Company (Tepco). Das Unternehmen hatte demnach die Wände der beschädigten Kraftwerke Fukushima Eins und Zwei am Montag untersucht.
Nach Angaben von Tepco sei die Anlage Fukushima Eins auf einen Tsunami von 5,70 Metern ausgelegt worden, Nummer Zwei für eine Höhe von 5,20 Metern. Die Gebäude mit den Reaktoren und Turbinen wurden nach NHK-Angaben 10 bis 13 Meter über den Meeresspiegel errichtet. Bei der Katastrophe wurden sie teilweise überschwemmt. Tepco hatte bereits erklärt, dass die Kraftwerke nur für ein Beben der Stärke 8,0 bis 8,3 ausgelegt worden waren. Das Erdbeben am 11. März hatte aber die Stärke 9.
6.10 Uhr: Regierung weitet Sicherheitszone nicht aus
Trotz Kritik der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA an der zu geringen Größe der Sicherheitszonen weitet die Regierung die Evakuierungszone rund um die Unglücksreaktoren nicht aus. "Im Moment ist dies nicht nötig", sagt Regierungssprecher Yukio Edano am Vormittag in Japan. Wie die IAEA am Montagabend mitteilte, liegt die Radioaktivität außerhalb des 30-Kilometer-Rings erheblich über der natürlichen Strahlung.
6.00 Uhr: Mehr als 9.000 Tote geborgen
In den von Erdbeben und Tsunami verwüsteten Gebieten des japanischen Nordostens sind bis Dienstag 9.079 Leichen geborgen worden. Das teilte die japanische Polizei mit. Es wird befürchtet, dass sich diese Zahl noch bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten verdoppeln wird. 12.645 Menschen werden noch vermisst.
5.50 Uhr: Japanische Börse erholt sich weiter
Nach einem steilen Kursrutsch in der vergangenen Woche hat sich die Aktienbörse in Tokio am Dienstag deutlich erholt. Der Nikkei-Index kletterte bis zum frühen Nachmittag um 3,9 Prozent auf einen Stand von über 9560 Punkten. Die Wirtschaftszeitung Nikkei führte dies darauf zurück, dass sich die Sorge um eine mögliche Atomkatastrophe abgeschwächt habe. Wegen eines Feiertags am Montag war die Börse drei Tage lang geschlossen.
In der vergangenen Woche war der auf der Grundlage von 225 Aktien berechnete Nikkei-Index um gut 10 Prozent eingebrochen. Bereits zum Wochenschluss kehrte sich der Trend aber wieder um, wozu auch ein Vorstoß der G7-Staaten für ein gemeinsames Vorgehen gegen den starken Yen beigetragen hatte. Am Freitag war das Börsenbarometer bereits um 2,7 Prozent gestiegen.
Was in der Nacht geschah:
Am Dienstagmorgen hatte der Betreiber die Arbeiten am AKW Fukushima erneut unterbrechen müssen. Zwischenzeitlich war wieder einmal Dampf ausgetreten – dieses Mal aus Block 2, hatte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo gemeldet. Über dem Reaktor 3 hatte zudem ein weißer Dunstschleier gelegen.
Der ausgetretene Dampf sei ungefährlich gewesen, teilt das AKW-Unternehmen Tepco am Dienstagmorgen mit. "Wir haben entschieden, dass es sicher ist, weiterzuarbeiten", erklärte ein Sprecher.
Inzwischen ist das AKW Fukushima wieder ans Stromnetz angeschlossen, und fünf von sechs Reaktoren können mit Strom versorgt werden. Allerdings müssen an den Kühlanlagen in den einzelnen Blöcken noch diverse Reparaturen ausgeführt werden. Der japanische Industrieminister Banri Kaieda ist noch skeptisch. Die Lage im Atomkraftwerk bleibe "äußerst angespannt", sagte der für die Atomaufsicht zuständige Minister laut Kyodo. "Es ist nach meinem Gefühl schwierig, von Fortschritten zu sprechen."
Quellen: dpa, afp, dapd, rtr, Kyodo
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