Jan-Paul Koopmann Popmusik und Eigensinn: Hey! Ho! Und so!
Die Ramones haben den Pop-Rock-Zirkus seinerzeit zurück aufs männlich-heterosexuelle Gleis gesetzt und ihren Protopunk als Gegenbewegung zu Glitzer, Glam und Androgynität in Stellung gebracht. Dass sich darüber bis heute schlecht streiten lässt, dürfte auch daran liegen, dass im selben Streich auch die ja nun tatsächlich unerträglich verkopfte Artrock-Geschichte was abbekommen hat, woran nun auch die aufgeklärte Poplinke ihre Freude hat. Und wenn es dann argumentativ doch mal hart auf hart kommt, findet sich zuverlässig einer, der den mindestens halb-ernsten „Schwuchtel“-Sprüchen von Dumpfbacke Johnny Ramone queere Gegenbeispiele aus der Bandgeschichte entgegen setzen kann. Wer das genauer wissen will, kann das Männerbild im Punk in Philipp Meinerts verdienstvoller „Homopunk History“ (Ventil-Verlag) ausführlich nachlesen.
Kurios bleibt es aber, dass mit „The Ramonas“ einer der interessantesten Ramones-Tribute-Acts als reine Frauencombo antritt – und dann in breitbeiniger Mackerpose eben auch diese ganzen Lieder über Punkmädchen, andere Mädchen, Drogen, dies und das singt. Und das dann eben wie das große Vorbild straight runtergespielt, in für damalige Verhältnisse atemberaubendem Tempo, mit diesem dezenten, ohrwurmtechnisch aber wirksamen Surf-Einschlag.
Aber vielleicht noch eben einen Schritt zurück: Tribute-Bands sind ja ohnehin ein ungelöstes Rätsel der Musikgeschichte – auch ohne so einen Twist, der irgendwo zwischen Kritik, Ironie und selbstbewusster Teilhabe pendelt. In akribischer Archivrecherche wird noch die beiläufigste Geste, mitunter sogar Versprecher bei den Ansagen legendärer Konzerte, nachgeahmt. Die sonst nur aus der Konserve zu habende Dauerschleife des Pop rutscht so auch auf die Live-Bühne. So zuverlässig wie Alt-Fans der Vorbilder nach solchen Reinszenierungen die zwischenzeitlich verpuffte Aura des Originals betrauern, erfreuen sich andere stattdessen an den Details gerade der Abweichung. Bei den Ramones wäre das etwa die echte Spontaneität wie sie Bremens dienstältere (und taz-liebste) Ramenoes-Ramones praktizieren, wenn sie sich als „probenfaulster“ Ramones-Act geben. Und dann eben die betont beiläufig gendergewechselten Ramonas, die nach unzähligen Besetzungswechseln inzwischen stabil auch eigene Songs spielen.
Sa, 27. 4., 20 Uhr, Lagerhaus
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