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Archiv-Artikel

■ Gesundheitswesen: Reform oder Ruin? Jammern auf hohem Niveau

betr.: „Kassenärztliche Vereinigung“, taz vom 19. 2. 02

Ich bin selber Kassenarzt (Allgemeinarzt) und kann zu den beiden beschriebenen Kollegen nur sagen: Ihr jammert wirklich auf hohem Niveau. Das durchschnittliche Einkommen eines Kassenarztes beträgt nach Abzug aller Kosten 70.000 bis 80.000 Euro im Jahr! Und wieso soll ein Allgemeinarzt nicht einen besseren Punktwert erhalten als ein Hautarzt? Es geht eben dort nicht nur um Fußpilz, sondern auch um viele schwer chronisch kranke Patienten. Im Übrigen schlage ich meinen Kollegen die Anschaffung eines Computers vor, dann entfällt das Nachschlagen in der roten Liste und man hätte mehr Zeit für die Patienten. Was die Arzneimittelkosten angeht, empfehle ich ein Abo des Arzneimitteltelegramms, eine pharmaunabhängige Zeitschrift, die uns Ärzten Informationen gibt über etablierte medikamentöse Behandlungsrichtlinien. H. STAHLBERG, Seevetal

Es wird beklagt, dass vor Ende eines Quartals das Budget der Ärzte aufgebraucht sei, ohne zu erwähnen, dass das Geld bereits in den Monaten zuvor verdient worden ist. Budgets sind ein Schutz für die wenigen ehrlichen Ärzte, die nur erbrachte Leistungen aufschreiben und keine unnötigen erbringen. Als Hausarzt fällt es mir schwer, das zur Verfügung stehende Budget überhaupt auszufüllen. Wenn Ziffern abgerechnet werden, dass es nur so kracht, braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Punktwert fällt. Außerdem gibt es zwischen den regionalen kassenärztlichen Vereinigungen eine ungleiche Verteilung: Da verdient eine Ärztin aus dem Rhein-Main-Gebiet für dieselbe Leistung das Dreifache wie ihr sächsischer Kollege – kein Wunder, wenn es in Ostdeutschland immer weniger Kassenärzte gibt! Es handelt sich hier nicht um ein Versagen der Politik, sondern der Standesorganisationen, das ein Eingreifen der Politik geradezu herbeischreit, damit nicht irgendwann in Mecklenburg-Vorpommern die hausärztliche Versorgung ganz zusammenbricht. GÜNTHER EGIDI, Bremen