Jamaika-Regierung im Saarland: Der Ministerpräsident und die "Burschis"
Führende Politiker der Koalition im Saarland pflegen angeblich Kontakte zur rechten Burschenschaft "Ghibellinia". Peter Müller war sogar Schirmherr einer Verbindungsfeier.
SAARBRÜCKEN taz | Die saarländische Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen führende Regierungspolitiker, die Verbindungen zur rechtslastigen Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken pflegen sollen. "Es stellt sich die Frage, ob es nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes ist, die CDU Saar aufgrund ihrer Nähe zu einer rechtsradikalen Vereinigung unter Beobachtung zu stellen", ätzt der Chef der Linken Saar, Rolf Linsler. Dessen Partei wird schließlich schon seit Jahren vom Verfassungsschutz überwacht.
Im Ende letzter Woche erschienenen Buch "Die Jamaika Clique" von Wilfried Voigt wird der amtierende Ministerpräsident und angehende Bundesverfassungsrichter Peter Müller (CDU) als "Schirmherr" einer Feier zum 130. Jahrstag der Gründung dieser dubiosen Studentenverbindung im Mai 2010 im Saarbrücker Schloss genannt.
Zudem habe Müller den rechten Corpsbrüdern auch noch ein "schriftliches Grußwort" mit ausdrücklichem Hinweis auf die Historie zukommen lassen. Hauptredner auf der akademischen Feier der "schmissigen" Verbindung war nach den Recherchen von Voigt der Generalsekretär der CDU Saar, Roland Theis. Der Unionist habe den Saal auch dann nicht verlassen, als vom Auditorium die Nazihymne "Deutsch bleibt die Saar!" angestimmt worden sei.
"Theis scheint sich im rechten Milieu offenbar wohl zu fühlen", mutmaßte danach denn auch der stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion der Linken, Heinz Bierbaum. Auch von der SPD Saar kam Kritik.
Während Müller auch am Dienstag nichts dazu zu sagen hatte, schlug Theis zurück. Er verlangte von Bierbaum eine Entschuldigung und wies darauf hin, dass auch der frühere saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt (SPD) Festredner bei der Burschenschaft gewesen sei. Und dass selbst Linkspartei-Ikone Oskar Lafontaine die studentische Verbindung Ende der 70er Jahre als Oberbürgermeister von Saarbrücken mit seinem Besuch beehrt habe. "Alles honorige Männer", so Theis süffisant.
Lafontaine streite das auch gar nicht ab, sagte eine Sprecherin der Linken Saar der taz. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, warum er damals bei der Ghibellinia gewesen sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen