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Jahresbericht zur AtombrancheDas Ende der Reaktoren

Die AKWs verschwinden weltweit, In der EU ist der Bestand seit 1989 deutlich zurückgegangen. So steht es zumindest im neuen Jahresbericht zur Atombranche.

Abschalten! Das französische AKW Fessenheim. Bild: dapd

BERLIN taz | Fukushima wird den Niedergang der Atomenergie weltweit beschleunigen", sagte am Mittwoch der Atomexperte Mycle Schneider bei der Präsentation seines Jahresberichts zur Atombranche "World Nuclear Industry Status Report 2010-2011".

Seit Jahren ist der Bestand an Reaktoren nach den Zahlen des Reports weltweit ziemlich konstant bei etwa 440 geblieben. Das durchschnittliche Alter beträgt 26 Jahre. Bei einer Laufzeit von 40 Jahren nähern sich die Meiler ihrem Lebensende, schon jetzt sind etwa ein Dutzend AKWs älter als 40 und etwa ab 2020 prognostiziert der Bericht einen starken Rückgang der AKWs weltweit.

In der EU ist der Bestand seit 1989 von 177 auf 143 Reaktoren zurückgegangen. Bisher stammen weltweit 13 Prozent des Stroms aus Atomanlagen. Um dieses Niveau zu halten, müsste laut Schneider in den nächsten zehn Jahren alle 19 Tage ein neuer Reaktor ans Netz gehen - "bei einer Vorlaufzeit von 10 Jahren für Bau und Planung wird es unmöglich, die Zahl der AKWs über die nächsten 20 Jahre stabil zu halten", heißt es.

Denn die Konkurrenz zum Atom schläft nicht. 2010 gab es zum ersten Mal auf der ganzen Welt mehr Kapazitäten zur Stromerzeugung aus Wind, Solar und Biomasse als aus AKWs. In der EU habe es von 2000 bis 2010 einen Zubau von über 200.000 Megawatt Anlagenleistung aus erneuerbaren Energien und einen Abbau der Atomkapazität um 7.500 Megawatt gegeben.

Auch im wichtigsten Energiemarkt China sehen die Planungen nach den Informationen des Reports vor, deutlich mehr Windkraft zu installieren als Nuklearkapazitäten - Reaktionen auf die Katastrophe in Fukushima sind noch nicht enthalten. Der Bericht wurde von den Grünen im Europaparlament in Auftrag gegeben und in der parteinahen Heinrich Böll Stiftung vorgestellt.

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4 Kommentare

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  • F
    Frank

    @Peter und die Welt:

     

    Sicher stimmt es, dass die erneuerbaren Energien auch nicht unproblematisch sind.

    Ich bin aber der Meinung, dass diese Probleme kein gutes Argument für die Nutzung der Kernenergie sind.

    Ein Mangel an Energie ist kein guter Grund deswegen die Welt mit radioaktiven Strahlen zu belasten. Das Schlimmste was bei den erneuerbaren Energiequellen eintreten kann (wohlgemerkt kann), ist ein Mangel an Energie. Na und? Davon wären sowieso nur die Industriestaaten betroffen. Ca. 30% der Menscheit würden davon gar nichts bemerken, der Rest hin und wieder dann eben auch mal im Dunkeln sitzen. Durch die Nutzung der Kernenergie werden im Gegensatz dazu die natürlichen Quellen des Reichtums vernichtet, oder auf unabsehbare Zeit unbrauchbar. Und- diese Schäden entstehen bereits durch den "störungsfreien" Betrieb von AKWs, man bedenke auch die "Entsorgung", nicht erst im Katastrophenfall.

  • PS
    Peter S.

    Hallo Frank, ergänzend dazu möchte ich erwähnen, dass bei den hier genannten "Erneuerbaren" von installierter Leistung gesprochen wird. Nicht grundlastfähig, nicht speicherbar, sehr wohlwollend betrachtet beträgt deren Verfügbarkeit 30%. Da wir es hier in Deutschland mit einer Ökoreligion wohlstandsgeplagter Menschen zu tun haben, warte ich schon mit Freude auf die wütenden Antworten der Jünger dieser Religion in diesem Forum.

  • F
    Frank

    "Das Ende der Reaktoren"

     

    (Quelle: http://taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/das-ende-der-reaktoren/ , 13.04,2011)

     

    Das hört man doch gern. Nachdem in Tschernobyl und Fukushima eindrucksvoll demonstriert wurde, was vom wissenschaftlichen Attest der Sicherheit der Atomkraft zu halten ist, reagiert die Welt. Die betroffene Weltöffentlichkeit bestätigt die Zuständigkeit der politischen Initiatoren der Atomkraft mit Schweigeminuten und Demonstrationen. Auch in Zukunft will man den "Gutachtern" von gestern die Gestaltung der Lebenswirklichkeit überlassen.

    Ausgerechnet die politischen Erfinder und wirtschaftlichen Erzeuger des Restrisikos werden mit der Bitte konfrontiert, das "Atomkraft? Nein Danke!" in die Tat umzusetzen.

    Und zack; Das Ende der Reaktoren ist greifbar nah?

     

    "In der EU ist der Bestand seit 1989 von 177 auf 143 Reaktoren zurückgegangen. Bisher stammen weltweit 13 Prozent des Stroms aus Atomanlagen. Um dieses Niveau zu halten, müsste laut Schneider in den nächsten zehn Jahren alle 19 Tage ein neuer Reaktor ans Netz gehen - "bei einer Vorlaufzeit von 10 Jahren für Bau und Planung wird es unmöglich, die Zahl der AKWs über die nächsten 20 Jahre stabil zu halten", heißt es.

    Denn die Konkurrenz zum Atom schläft nicht. 2010 gab es zum ersten Mal auf der ganzen Welt mehr Kapazitäten zur Stromerzeugung aus Wind, Solar und Biomasse als aus AKWs. In der EU habe es von 2000 bis 2010 einen Zubau von über 200.000 Megawatt Anlagenleistung aus erneuerbaren Energien und einen Abbau der Atomkapazität um 7.500 Megawatt gegeben."

    (Quelle: http://taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/das-ende-der-reaktoren/ , 13.04,2011)

     

    Mycle Schneider berät Regierungen in Energiefragen. Der Welt-Statusreport Atomindustrie 2009 wurde unter seiner Projektleitung erstellt.

    ( http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/welt_statusbericht_atomindustrie_0908_de_bf.pdf )

     

    Um sich ein besseres Bild von der Anzahl und der Energiererzeugungsleistung in Deutschland machen zu können, sind unter

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_Deutschland

    informationen zum Thema verfügbar, für Europa gibt es unter

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernkraftwerke_in_Europa

    weiteres Material.

     

    Was sagt Herr Schneider eigentlich genau?

    Im Zitat ist die Rede von einem prozentualen Anteil der durch Atomkraft erzeugten Energie an der weltweit produzierten Gesamtenergiemenge.

    Relativ zu dieser Gesamtmenge, nimmt der Anteil der durch Atomkraft produzierten Energie ab. Was heisst das, ganz genau?

     

    1.: Wenn die weltweit produzierte Gesamtenergiemenge steigt, und das ist der Fall, sinkt im Verhältnis dazu, relativ!, der Anteil der durch Atomkraftwerke produzierten Energie.

    Da muss nicht ein einziges AKW vom Netz gehen um, so betrachtet, dem Ende der Atomkraft "näher" zu kommen.

     

    2.: Gemessen an diesem aktuell 13%igen Anteil, müsste alle 19 Tage ein neuer Reaktor ans Netz gehen.

    Auch hier wird aus der Ankündigung weitere Atomkraftwerke zu bauen die Botschaft konstruiert dem Ende von Atomkraft, relativ, näher zu kommen.

     

    3.: Die Abschaltung von ca. 10 Atomreaktoren (7.500 Megawatt) europaweit, lässt fast vergessen dass demnach der Rest der AKWs munter weiter läuft.

    Nicht nur, dass selbst die abgeschalteten Reaktoren munter weiterstrahlen, und das für Jahrhunderte. Die verbleibenden Reaktoren produzieren zusätzlichen radioaktiven Müll und die Anlagen selbst sind ebenfalls zu "entsorgen".

     

    Vom Ende der Reaktoren kann also keine Rede sein.

    Da kommt die Frage auf, warum dann diese Überschrift? Irgendwie besteht hier eine Ähnlichkeit zur Informationsstrategie von Publikationen wie:

     

    Duck an cover - http://de.sevenload.com/videos/hN4m6QM-Duck-and-Cover-Lehrfilm-USA-1951

     

    Nuclear boy - http://www.blick.ch/news/ausland/japan/nuclear-boy-169466

  • T
    tom

    "Um dieses Niveau zu halten, müsste laut Schneider in den nächsten zehn Jahren alle 19 Tage ein neuer Reaktor ans Netz gehen"

     

    Wie kommt der Bericht auf 19 Tage? Das wäre interessant, das mal zu erklären.