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JAPAN: RÜCKTRITT DES KABINETTS MACHT WEG FÜR NEUEN PREMIER FREIBusiness und karoshi as usual

Wissen Sie noch, wie der letzte japanische Premierminister hieß? Oder der davor? Und wofür sie politisch standen? Abgesehen von den Schwierigkeiten, die viele Europäer mit fernöstlichen Namen haben, können Sie sich auch sonst an die japanischen Führer wahrscheinlich längst nicht mehr erinnern. Warum sollten Sie auch, werden Sie fragen. Denn selbst wenn Japan die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ist und das Leben in Deutschland ohne Produkte aus dem Land der aufgehenden Sonne kaum noch vorstellbar ist, werden japanische Ministerpräsidenten im Ausland kaum wahrgenommen.

In Japan, wo Politik stark auf Konsens basiert, ist die durchschnittliche Halbwertszeit eines Ministerpräsidenten ähnlich kurz wie in Italien. Mit 21-monatiger Amtszeit liegt der komatöse Keizo Obuchi im Trend, wenngleich die Gründe seines politischen Abgangs zweifellos tragisch sind und er sogar noch tödlich enden könnte. Doch selbst dies ist in Nippon nicht beispiellos. Schon 1980 starb der damalige Premierminister Masayoshi Ohira an einem Herzinfarkt. Und nicht umsonst zählt „karoshi“ – Tod durch Überarbeitung – zu den international bekanntesten japanischen Ausdrücken. Und Sorgen hatte auch Obuchi genug:

Erst wenige Stunden vor seinem Schlaganfall war die Liberale Partei aus der Regierungskoalition ausgestiegen, die sich spätestens im Oktober Neuwahlen stellen muss. Eine zusätzliche Belastung sind die Eruptionen des Vulkans Usu – für den alten wie den neuen Premier. Obuchis Koma versetzte die angeschlagene Regierungspartei LDP so sehr in Panik, dass sie seinen wahren Zustand 36 Stunden lang verheimlichte.

Anders als die Politik bleibt die Bevölkerung jedoch gelassen. Die Börsenkurse stiegen sogar noch an. Von Panik keine Spur. Denn der feste Griff, den die japanische Bürokratie auf die Politik hat, ist eine Stärke und Schwäche zugleich. Zum einen garantiert das Kontinuität und Berechenbarkeit, zum anderen verringert es jedoch auch den Handlungsspielraum, den Japans Politiker wirklich haben. Und damit auch die Möglichkeiten, den Reformstau zu beseitigen.

Japan steckt seit mittlerweile einer Dekade in einer wirtschaftlichen und politische Krise. Ein Ende ist noch immer nicht in Sicht. Vielmehr haben Arbeitslosigkeit und die Staatsverschuldung inzwischen Rekordhöhen erreicht. Schon heute will die LDP einen neuen Premierminister nominieren und, darauf deutet zur Zeit alles hin, so weitermachen wie bisher. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb groß, dass man bald nicht nur Obuchi vergessen haben wird, sondern auch seinen Nachfolger.

SVEN HANSEN

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