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Archiv-Artikel

JANN SCHMIDT, PRESSEPROFI Calvins Triumph

Von BES
Jann Schmidt, 61

■ Theologe und EKD-Ratsmitglied, präsidiert der reformierten KircheFoto: dpa

Vor 500 Jahren wurde Jean Calvin in Genf geboren, und heute feiert er Triumphe. Wegen des Klimawandels. Und durch Jann Schmidt, also den Präsidenten der Evangelisch-reformierten Kirche Bayerns und Nordwestdeutschlands. Calvin ist wohl der Reformator, der die Ketzer-Verfolgung am konsequentesten betrieb. Außerdem kam er sowohl beim – heillosen – Unterfangen, Glaube und Vernunft zu versöhnen, als auch beim Versuch, Christentum und Ökonomie miteinander zu vereinbaren, am weitesten.

Etwa, indem er eigennütziges Gewinnstreben von Gemeindegliedern so lange theologisch meditierte, bis es gemeinnützig schien. Jann Schmidt folgt ihm in allem treu: Dass er den Kopenhagener Appell für den Klimaschutz unterzeichnet hat, begründete der Ostfriese damit, dass zu handeln „deutlich kostengünstiger“ sei „als Nichthandeln“. Es bedeute „für Deutschland Chancen im Export und bei Arbeitsplätzen“. Ja, der Schmidt, das ist mal ein Theologe, der weiß, wie er medientauglich spricht. War ja auch Pressesprecher im Leeraner Kirchenamt, bevor er zum Kirchenpräsidenten gewählt wurde.

Ja, das ist ein umgänglich wirkender Mann, stets gefällig, nie polternd: „Nein“, bricht’s höchstens in kehligem Erstaunen aus ihm hervor, „wie kommen Sie darauf?“, wenn er gerade mit belastenden Akten-Zitaten konfrontiert wird. Sanft wie ein Lamm, das mit 61 Jahren allerdings erwachsen ist.

Und eine gewisse Bissigkeit an den Tag legt: Die Evangelisch-reformierte Kirche ist noch immer durch einen Finanzskandal in Bayern erschüttert. In Bayreuth steht ihr ehemaliger Kassenwart wegen Unterschlagung vor Gericht. Und in Emden hat man mit Untreue-Vorwürfen den Direktor der à Lasco-Bibliothek geschasst, nachdem der die Gemeindebücherei zur weltweit wichtigsten Calvinismus-Forschungsstätte ausgebaut hatte.

Schmidts „hartes Vorgehen“ rügte selbst die – recht kirchenfreundliche – Ostfriesen Zeitung. Und im örtlichen Blog Leer-Zeichen.de war die Rede von einer „gnadenlosen und sachlich schwer nachzuvollziehenden Haltung“. Echt calvinistisch eben. BES