piwik no script img

■ ItalienStaatsaffäre um Staatsrundfunk

Das Scheibenschießen gegen ihn hatte schon begonnen, bevor er den Job annahm. Der Generalintendant des staatlichen italienischen Rundfunks RAI, Enzo Siciliano, 63, hat seinen Rücktritt erklärt. Auch die Mitglieder des politisch paritätisch besetzten fünfköpfigen Rundfunkrates, die Siciliano neben den Chefs von Senat und Abgeordnetenhaus ernannten, wollen dem Vernehmen nach zurücktreten. Möglicherweise soll den neuen Rundfunkrat dann das ganze Parlament berufen.

Mit der Demission geht ein Experiment zu Ende, das viele Intellektuelle mit großen Hoffnungen begleitet hatten, Seichtunterhalter und politische Flachköpfe dagegen mit vorauseilendem Gruseln: Siciliano ist Literaturkritiker und steht dem Fernsehen mit gebührendem Abstand gegenüber. So hatte er denn auch gleich zu Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren eine Reihe besonders stupider Sendungen gekippt, den Sender wieder mit Eigenproduktionen von beachtlichem Niveau zu beleben versucht und den Journalisten empfohlen, kritisch nachzufragen. Gleichzeitig hatte er dem Hörfunk wieder mehr Geld gegeben — mit Erfolg. Doch mit seinem aggressiven Vorgehen gegen parteipolitische Gängelung brachte Siciliano bald auch die gegen sich auf, die ihn vorher gestützt hatten. Grüne und Neokommunisten warfen ihm mangelnde Ausgewogenheit vor. Die Rechte behauptete, die RAI sei zu einem „Regimesender“ geworden.

Am Ende zeigte die Kampagne Wirkung. Siciliano selbst hat in seiner Rücktrittserklärung die Parteien gemahnt: Die öffentlich- rechtlichen Medien könnten nur gedeihen, wenn der politische Einfluß drastisch reduziert werde. Davon aber wollen die Politiker nichts wissen. Es gibt bereits Gesetzesvorlagen für eine Programmreform, bei der der erste Kanal nur mehr Nachrichten ohne Kommentare und der zweite nur noch Unterhaltung bringen soll. RAI 3, bisher noch ein Hort widerborstiger Magazine, wollen die Planer entweder ganz auflösen oder regionalisieren. „Dann“, so Siciliano , hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen endgültig verspielt.“Werner Raith

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen