piwik no script img

Israels „Suchaktion“ weitet sich aus

■ Entgegen früheren Ankündigungen soll die Invasion im Libanon erst am Freitag beendet werden / Israelische Verärgerung über vorzeitige Veröffentlichung der Invasionspläne in US–Medien / Massenverhöre und -verhaftungen in den Dörfern des Südlibanon

Tel Aviv (rtr/taz) - Mit Panzern und massiver Artillerieunterstützung sind am Mittwoch israelische Truppenverbände über die von Israel beanspruchte „Sicherheits zone“ hinaus noch einmal weiter in den Südosten Libanons vorgedrungen. In der Nacht zum Mittwoch waren die 2.000 israelischen Soldaten noch einmal um minde stens 500 Mann verstärkt worden. Gleichzeitig zogen sich die Israelis mit ihren libanesischen Verbündeten der faschistischen SLA aus mehreren Dörfern an den Hän gen des Hermon–Gebirges zurück, die sie am Dienstag besetzt hatten. Nach Augenzeugenberichten verhörten die Invasionstruppen in 24 Stunden über 2.000 Personen in den von Drusen bewohnten Dörfern und verhafteten zahlreiche Männer. Zwei Lastwagenladungen Waffen seien beschlagnahmt worden. Bei der Besetzung des Dorfes Meidun kam es zu heftigen Gefechten mit schiitischen Milizen, wobei mindestens drei israelische Soldaten gefallen sind. Während des Vormarsches soll auch die von syrischen Truppen gehaltene Stadt Mashghara beschossen worden sein. Entgegen ihrer Ankündigung, sofort zurückzuschießen, falls sie selbst angegriffen würden, haben sich die Syrer bisher jedoch ruhig verhalten. Am Dienstag hatten Regierungssprecher in Jerusalem behauptet, die Aktion würde am Mittwoch beendet sein. Verteidigungsminister Rabin erklärte aber am Mittwoch vor dem israelischen Parlament, daß die militärischen Aktivitäten immer größere Ausmaße annehmen und bis Freitag andauern würden. „Mit dem Einmarsch verfolgte Israel ein einfaches Ziel“, sagte Rabin. „Wir wollen denjenigen Bewohnern, die Terroristen unterstützt haben oder sie unterstützen möchten, klarmachen: ...wenn es bei uns nicht ruhig ist, wird es auch bei euch keine Ruhe geben.“ Ausländische Beobachter in Israel halten die Invasion der israelischen Truppen für einen Test, mit dem besonders die Reaktionen Syriens, aber auch der anderen arabischen Staaten und der Weltöffentlichkeit herausgefordert werden sollen. Es sei eine Warnung an Syrien, nicht mit der PLO zu kooperieren. Israelis glauben dagegen, diese Demonstration militärischer Stärke solle das Image der israelischen Armee nach innen und außen aufpolieren und beweisen, daß Israel der Entscheidungsfaktor Nummer eins in der Region ist. Das Verhalten der Armee gegenüber der Intifada, dem Aufstand in den besetzten Gebieten, und insgesamt acht Kommando– Operationen palästinensischer Feddayin auf israelisches Territorium in den letzten Monaten haben die Moral der Truppen angegriffen. Der Kommandeur der Nordfront, General Pelled, erklärte den Angriff mit der „Gefahr, daß sich die ostlibanesische Region wieder in Fatah–Land verwandeln könnte, wie es in den 70 ern Jahren der Fall war“, als die PLO in diesem Landstrich die stärkste Macht war. Der ehemalige Stabschef und jetzige Minister ohne Ressort Matti Gur, der die sogenannte „Litani–Operation“ vor zehn Jahren leitete, sagte, es handele sich auch heute um eine Präventiv–Aktion. Es solle den Palästinensern gezeigt werde, daß sie weder mit der Intifada noch mit einer zweiten Front im Norden etwas erreichen. Regierungsbeamte in Jerusalem zeigten sich verärgert, weil US–Medien bereits vor dem Angriff am Montag abend Informationen über die Invasion veröffentlicht hatten. Dadurch sei es den feindlichen Kräften gelungen, sich nach Norden abzusetzen und der Verhaftung zu entgehen. In New York verurteilte der Generalsekretär der UNO, Perez de Cuella inzwischen die Invasion und nannte sie eine „weitere Verletzung der libanesischen Souveränität“. Auch die Regierung in Washington forderte in einer Erklärung, in der Israel allerdings nicht namentlich genannt wird, den sofortigen Rückzug aller ausländischen Militärtruppen aus dem Libanon.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen