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Israel und Hisbollah loben Schmidbauer

■ Helmut Kohls Geheimdienstkoordinator will sich nun um die Freilassung Ron Arads bemühen. Der israelische Pilot wurde 1986 über dem Süden Libanons abgeschossen. Seither ist er spurlos verschwunden

Beirut/Köln (AP/AFP/dpa) – Israel hat in der Nacht zum Montag im Zuge des vom deutschen Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer vermittelten Austauschs die letzten 23 gefangenen Hisbollah-Kämpfer freigelassen. Viele von ihnen erklärten danach, sie seien bereit, sofort wieder den Kampf gegen Israel aufzunehmen. Die mit Israel verbündete Südlibanesische Armee (SLA) weigerte sich, die Leichen von 18 Hisbollah- Kämpfern zu übergeben. Die SLA war darüber verärgert, daß 17 am Vortag von der Hisbollah freigelassene SLA-Kämpfer nicht in ihre Heimat zurückkehren wollten.

Israel hatte am Sonntag die Leichen von 123 Hisbollah-Kämpfern übergeben. Sie wurden in einen Beiruter Vorort gebracht und in einer Moschee auf ihre heutige Beisetzung vorbreitet. Die meisten der von Israel am Sonntag freigelassenen 22 Hisbollah-Mitglieder kündigten gestern an, sie würden weiter gegen den jüdischen Staat kämpfen. „Wir kämpfen einmal, zweimal, dreimal gegen Israel, so lange, bis die Besetzung Südlibanons beendet ist“, sagte der 30jährige Ali Saad. Er war nach eigenen Angaben elf Jahre in israelischer Haft. Auch der 29jährige Muhammad Naameh erklärte: „Ich bin bereit, sofort den Kampf gegen Israel wiederaufzunehmnen.“ Die meisten erklärten, sie seien während der Haft gefoltert worden.

Nach dem Austausch von Gefangenen und Toten zwischen Israel und der Hisbollah will sich Geheimdienstkoordinator Schmidbauer auch um das Schicksal des vermißten israelischen Luftwaffensoldaten Ron Arad bemühen. Der Austausch vom Sonntag sei „nur ein erster Schritt“ gewesen, sagte Schmidbauer gestern in einem Interview des Deutschlandfunks.

Unter Hinweis auf den Einfluß Irans auf die Hisbollah sagte Schmidbauer: „Iran hat eine Riesenchance zu beweisen“, daß es nicht auf der Seite des Terrorismus steht. Im Nahen Osten werde gewünscht, daß sich Deutschland und die Europäische Union auch politisch stärker engagierten. „Uns schlägt viel Sympathie entgegen, und das ist ein Pfund, mit dem man auch wuchern kann.“

Dem Austausch von zwei toten israelischen Soldaten gegen die Leichen von 123 Hisbollah-Kämpfern und der Freilassung von 45 Hisbollah-Mitgliedern ging eine dreimonatige Vermittlung Schmidbauers voraus. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dankte Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Telefongespräch für diese Bemühungen und lud ihn zu einem Israel-Besuch ein. Netanjahu äußerte vor Journalisten am Sonntag seine Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe im Südlibanon. „Wir haben dort keinerlei territoriale Ansprüche.“ Israel wolle nur seine nördlichen Gebiete schützen. Zugleich sprach sich der Regierungschef aber gegen überzogene Erwartungen aus. Es sei verfrüht, von einer Wende zu sprechen. Unterdessen erklärte gestern der Generalsekretär der Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, in Beirut, seine Organisation werde Informationen über Ron Arad beschaffen. Auch er lobte Schmidbauers Bemühungen.

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