Israel erlaubt Wohnungsbau im Westjordanland: Erst Baustopp, dann Verhandlungen
Israel genehmigt den Bau von mehr als 450 Wohnungen im Westjordanland. Die Palästinenserführung spricht von einer "Kampfansage" der israelischen Regierung.

JERUSALEM afp/rtr | Trotz internationaler Kritik hat der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak den Bau von 455 Wohnungen im Westjordanland genehmigt. Sie sollen in bereits bestehenden jüdischen Siedlungen errichtet werden, wie sein Ministerium am Montag mitteilte. Ein Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nannte die Fortsetzung des Siedlungsbaus eine "Kampfansage" an die internationale Gemeinschaft.
Allein in Gusch Ezion bei Bethlehem sei der Bau von 161 Wohnungen geplant, erklärte das Verteidigungsministerium in Jerusalem. Weitere Wohnungen sollen in Modiin Ilit westlich von Ramallah, in Givat Seev im Norden Jerusalems, in Maale Adumim bei Jerusalem, in Kidar im Osten Jerusalems und in Maskiot im Jordantal entstehen.
Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat sagte in einer ersten Reaktion, durch den Schritt würde ein möglicher zukünftiger Stopp des israelischen Siedlungsbaus bedeutungslos. Baraks Genehmigung "untergräbt das Vertrauen in den Friedensprozess", fügte er hinzu. Sowohl die US-Regierung als auch die Europäische Union fordern einen Stopp des Siedlungsbaus, der als eines der größten Hindernisse für einen Frieden im Nahen Osten gilt.
Palästinenserpräsident Abbas rief die arabische Welt bei einem Besuch in Saudi-Arabien zu einer "geschlossenen Haltung" gegen Israel auf. Die Fortsetzung des Siedlungsbaus sei "eine Kampfansage an die Araber und die internationale Gemeinschaft", sagte sein Sprecher am Montag. So lange Israel weiter neue Bauvorhaben in den besetzten Gebieten genehmige, würden die Palästinenser nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Die israelische Ablehnung eines Baustopps torpediere die Bemühungen von US-Präsident Barack Obama für neue Friedensverhandlungen im Nahen Osten, fügte der Sprecher hinzu. Ende dieser Woche will der US-Sondergesandte George Mitchell in die Region reisen. Sein Land hatte einen Siedlungsstopp wiederholt zur Bedingung gemacht.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu jedoch sträubt sich gegen einen vollständigen Baustopp. In der vergangenen Woche kündigte er an, die Bauvorhaben in den besetzten Gebieten höchstens vorübergehend unterbrechen zu wollen. International wirbt der israelische Regierungschef dafür, das von Israel so bezeichnete "natürliche Wachstum" bestehender Siedlungen zuzulassen. Im Westjordanland leben derzeit etwa 300.000 jüdische Siedler, in Ost-Jerusalem sind es um die 200.000.
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