Irland: Grüne in der Regierung
Bei den Koalitionsverhandlungen verzichtet die Partei auf ihre drei Eckpfeiler. Und gegen ein Zusammengehen mit Premierminister Bertie Ahern war sie eigentlich auch.
Irlands Grüne in der Regierung
Bei den Koalitionsverhandlungen verzichtet die Partei auf ihre drei Eckpfeiler. Und gegen ein Zusammengehen mit Premierminister Bertie Ahern war sie eigentlich auch
DUBLIN taz Hauptsache, man ist an der Regierung. Die irische Grüne Partei stimmte gestern bei der Ernennung des neuen Premierminister für den bisherigen Amtsinhaber Bertie Ahern, der damit zum dritten Mal hintereinander gewählt wurde. Die Koalitionsverhandlungen hatten zehn Tage gedauert und waren vorübergehend abgebrochen worden. Am Ende einigte man sich aber - zu Aherns Bedingungen. Damit sind die Grünen, die vor 25 Jahren gegründet wurden, zum ersten Mal an einer Regierung beteiligt.
Die Partei waren mit drei Eckpfeilern in die Gespräche gegangen: US-Kampfflugzeuge sollten nicht mehr im westirischen Shannon auf dem Weg in den Irak zwischenlanden dürfen; die umstrittene Autobahn am Rande des historischen Hügels von Tara, früher Sitz der irischen Hochkönige, sollte nicht gebaut werden; und Parteien und Politiker sollten sich nicht mehr von Unternehmen finanzieren lassen.
Das Ergebnis der Verhandlungen: Die US-Flugzeuge dürfen weiter in Shannon landen, die Autobahn durch Tara wird gebaut, und bei der Parteienfinanzierung bleibt alles beim Alten. Und sonst? Den Kohlendioxidausstoß wolle man reduzieren, wenn auch nicht klar ist, um wie viel. Wofür die Kohlendioxidsondersteuer verwendet werden soll, ist ebenfalls nicht eindeutig festgelegt. Und an den massiven Straßenbauplänen der alten Regierung wird nicht gerüttelt.
Die knapp 500 Grünen-Delegierten segneten den Koalitionsvertrag auf einem Sonderparteitag am Mittwochabend in Dublin dennoch mit 86 Prozent ab. Die Europa-Grünen hatten sie im Vorfeld dazu gedrängt.
In ihrem Wahlprogramm hatten die Grünen eine Koalition mit Aherns Fianna Fáil ("Soldaten des Schicksals") noch strikt abgelehnt. Ihr Vorsitzender Trevor Sargent bezeichnete den Koalitionsvertrag dennoch als "stolzesten Tag in meinem Leben", trat aber aus kosmetischen Gründen nach der Abstimmung zurück. Doch er wird nun Minister. Und vermutlich wird ihm die Partei nahelegen, den Vorsitz wieder zu übernehmen.
Die Grünen haben mit der Regierungsbeteiligung möglicherweise ihren Untergang eingeläutet. Da beim irischen Wahlsystem die Kandidaten nach Präferenz nummeriert werden, weiß man, welcher Partei die Grünen-Wähler als Nächstes ihre Stimmen gegeben haben. Fianna Fáil rangierte auf dem vorletzten Platz. Das werden die Wähler nicht so schnell vergessen.
Fianna Fáil war in einer ausgezeichneten Verhandlungsposition. Bei den Wahlen Ende Mai verbesserte sich die Partei auf 78 von 166 Parlamentssitzen, doch der Koalitionspartner, die Progressiven Demokraten, fiel auf zwei Sitze zurück. Aber es gibt noch die parteilosen Abgeordneten, die Ahern mit Hilfe von millionenschweren Investitionen in ihren Wahlkreisen kaufte. So hätte es für Ahern auch ohne die sechs Grünen knapp gereicht, aber mit ihnen hat er eine komfortable Mehrheit.
Gefahr droht ihm von anderer Seite. Ein Tribunal untersucht zurzeit Bestechungsvorwürfe. Ahern hatte für den Bau eines Einkaufszentrums am Rande Dublins erhebliche Steuervorteile gewährt und damit ein konkurrierendes Unternehmen aus dem Rennen geworfen. Gleichzeitig gingen unerklärliche hohe Beträge auf seinem Konto ein.
Der irische Kolumnist Fintan OToole schrieb einmal, in Irland gehe es zu wie in einer Bananenrepublik. Nur das Klima sei nicht so beständig: "Wir sind wohl doch eher eine Kartoffelrepublik." RALF SOTSCHECK
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