Iranischer Blogger Chasali: Zwischen Mut und Hunger
Der iranische Regierungskritiker Mehdi Chasali sitzt seit Januar im Gefängnis. Er verweigert die Nahrungsaufnahme und wurde nun in ein Geheimdienstkrankenhaus verschleppt.

BERLIN taz | Einer der schärfsten Kritiker des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad befindet sich seit über 45 Tagen im Hungerstreik. Der 56-jährige Blogger und Arzt Mehdi Chasali wurde am 9. Januar festgenommen und ins Teheraner Evin-Gefängnis gesteckt.
Seither verweigert er jede Nahrung. Am vergangenen Samstag wurde er wegen seines schlechten gesundheitlichen Zustands in die Intensivstation des Krankenhauses Taleghani eingeliefert. In der Nacht rückten Sicherheitskräfte an und verschleppten ihn in das Geheimdienstkrankenhaus Ghamare Bani Hashem.
Chasali, der der Grünen Bewegung angehört, geht in seinem kritischen Blog auch nicht zimperlich mit dem geistlichen Oberhaupt des Landes, Ajatollah Ali Chameini, um. Er macht ihn für Repression und Folter in den iranischen Gefängnissen verantwortlich.
Chasali wurde seit der gefälschten Präsidentschaftswahl von 2009 mehrfach verhaftet, zuletzt im Juli 2011. Wegen seiner offenen Kritik in seinem Blog wurde Chasali von dem Teheraner Revolutionsgericht zu 14 Jahren Haft, zehn Jahren Exil und 90 Peitschenhieben verurteilt.
Briefe an die Öffentlichkeit
Auch im Gefängnis lässt er sich nicht den Mund verbieten. Obwohl ihm dafür höhere Strafen drohen, schafft er es, Briefe an die Öffentlichkeit zu bringen. In einem Schreiben an den Geistlichen Ahmad Montaseri, Sohn des verstorbenen regimekritischen Großajatollahs Hussein Ali Montaseri, schilderte er beispielsweise die Lage in den Gefängnissen und die Foltermethoden.
Daraufhin überfielen Mitglieder des Sicherheitsapparats das Haus Montaseris in der Stadt Qom und beschlagnahmten seinen Computer, CDs und umgerechnet 3.000 Euro. Die Behörden verschweißten sogar den Zugang zur privaten Bibliothek Montaseris mit Eisengittern.
Mehdi Chasali ist der Sohn von Ajatollah Abolfasl Chasali, einem überzeugten Anhänger von Ahmadinedschad. Ajatollah Chasali hat sich schon lange von seinem Sohn distanziert. Auf entsprechende Appelle prominenter Reformer entgegnete Mehdi Chasali: "Verlangen Sie von mir nicht, den Hungerstreik zu beenden, verlangen Sie vom Regime, die gesetzeswidrigen Festnahmen zu beenden."
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
FDP-Chef Lindner verabschiedet sich aus der Politik
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“