Iraelischer Regierungschef auf USA-Reise: Olmert will mehr Druck auf Teheran
In Washington fordert der israelische Regierungschef eine entschiedenere Haltung gegenüber dem iranischen Atomprogramm - ehe die Amtszeit von Präsident Bush ausläuft.
JERUSALEM taz Israels Premierminister Ehud Olmert reichen die politischen Sanktionen gegen Teheran nicht aus, um ruhig schlafen zu können. "Die iranische Bedrohung muss mit allen Mitteln gestoppt werden", forderte er am Dienstag vor dem Aipac (dem Amerikanisch-israelischen Komitee für öffentliche Angelegenheiten). Bei den bisherigen Sanktionen ginge es lediglich um einen "Anfangsschritt, der dramatisch intensiviert werden muss".
Olmert reiste diese Woche nach Washington, um mit US-Präsident George Bush über die iranische Atombedrohung und die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zu beraten. Außerdem will er, laut Bericht der Tageszeitung Jediot Achronot, um weitere Militärhilfe bitten, darunter Flugzeuge des Typs F-22. Dieses Modell wurde noch an kein anderes Land geliefert. Außerdem soll Israel Zugriff auf ein globales Frühwarnsystem erhalten, das jede abgefeuerte ballistische Rakete identifiziert.
Je länger es trotz der Sanktionen nicht gelingt, die Regierung in Teheran zur Einfrierung ihres Atomprogramms zu bewegen, desto offener werden in Israel militärische Schritte diskutiert. "Israel wird die Möglichkeit eines nuklearen Irans nicht tolerieren, und das sollte auch kein anderes Land in der freien Welt tun", warnte Olmert vor dem Aipac, das mit über 100.000 Mitgliedern aus Politik und Wirtschaft die einflussreichste Lobby für Israel darstellt. Irans Präsident Machmud Achmadinedschad hat wiederholt erklärt, dass Israel zerstört werden müsse.
Schon im März signalisierte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak gegenüber dem US-amerikanischen Vizepräsidenten Dick Cheney, dass ungeachtet der Sanktionen "alle Optionen auf dem Tisch liegen". Ähnlich formulierte es der ehemalige Chef der israelischen Luftwaffe, Eliesar Schkedi, im Verlauf eines Interviews mit der CBS-Sendung "60 Minutes", als er klarstellte, dass "Israels Luftwaffe für jede Drohung bereit ist, allen voran die eines nuklearen Irans". Die Gefahr dürfe nicht ignoriert werden, appellierte Schkedi in dem Interview. Der ehemalige Luftwaffenchef vergleicht Ahmadinedschad mit Hitler. "In den 30er Jahren haben die Leute nicht geglaubt, dass Hitler meint, was er sagt. Ich rate dringend, diesen Fehler nicht zu wiederholen."
Thema der Gespräche zwischen Bush und Olmert diese Woche ist auch die unterschiedliche Einschätzung der israelischen und der US-amerikanischen Sicherheitsdienste über den Fortschritt des iranischen Atomprogramms. Die Vermutung in den USA geht dahin, dass das Atomwaffenprogramm des Irans mindestens vier Jahre lang auf Eis lag, deshalb sei die Gefahr geringer, als zunächst vermutet. Der militärische Abwehrdienst in Israel vermutet hingegen, dass der Iran in den Jahren 2010 bis 2015 so weit sein wird, dass er auf dem Weg zur Nuklearmacht nicht mehr aufgehalten werden könne.
Für die Israelis drängt die Zeit auch aufgrund der Präsidentschaftswahlen in den USA. Mit Bush weiß man in Jerusalem, woran man ist. Sein Auszug aus dem Weißen Haus könnte das Ende für eine konzertierte Aktion bedeuten. Möglich, dass Israel sich auch auf einen Alleingang vorbereitet. "Olmert ist mit einem Einkaufskorb in die USA abgereist", berichtete Jediot Achronot. Er werde ein "Raketenschutzsystem erhalten und um F-22-Flieger bitten". Dabei handelt es sich um das modernste Kampfmodell weltweit mit deutlich größerer Flughöhe und längerer Reichweite als die der älteren Kampfflugzeuge. Beides Eigenschaften, die bei einem Angriff gegen die iranischen Atomforschungsanlagen wichtig sind. "Der Nahe Osten treibt auf eine neue große Konfrontation noch im Jahr 2008 zu", schreibt Exbundesaußenminister Joschka Fischer diese Woche in der liberalen Tageszeitung Haaretz. "Es ist allerhöchste Zeit", so appelliert er an Teheran, "ernsthafte Verhandlungen aufzunehmen."
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