■ Interview: „Zu viert sind sie auf mich los“
Der 13jährige Michael P. (Name geändert) ist in der Silvesternacht in der Nähe der Sielwallkreuzung von Polizisten zusammengeschlagen worden. Seine Eltern wollen jetzt Strafanzeige stellen.
taz: Du warst in der Silvestnacht auf der Sielwallkreuzung. Was ist Dir dort passiert?
Ich wollte langsam von der Kreuzung weggehen, weil es mir langsam zu heftig wurde. Dabei bin ich am Dobben durch einen Garten durchgegangen. Dann sind plötzlich alle losgelaufen. Ich hab hinter mich geguckt, und dann waren da drei Bullen hinter mir. Ich wollte schnell über den Zaun rüberspringen, da haben sie mir ein Plastikschild von hinten in die Beine geworfen. Ich bin auf den Steinboden gefallen. Zu viert sind sie dann auf mich losgegangen und haben mich mit ihren Schlagstöcken und Schildern zusammengeschlagen.
Ich hab geschrien: ,Ich bin erst 13, laßt mich in Ruhe.' Aber die haben erstmal weitergemacht. Dann haben sie mich zum Streifenwagen an der Kreuzung abgeführt. Da haben sie meine ganzen Sachen auf die Straße geschmissen. Mein Portemonnaie haben sie von der Kette an der Hose abgerissen und durchgeguckt. Im Mannschaftswagen haben sie mich dann an den Haaren gezogen und den Arm umgedreht. Aus meinem Mund und der Nase hat es sowieso schon geblutet. ,Da hast Du jetzt was fürs ganze Leben' hat mir einer gesagt.
In der Ostertorwache haben sie mich durchsucht. Dabei haben sie mir nochmal auf die geschwollene Backe gehauen. Eine Stunde saß ich dann in der Zelle bis ich meinen Vater angerufen habe. Als der mich abgeholt hat, wollte er die Dienstnummer von dem Polizisten haben. Die haben sie ihm aber nicht gegeben. Wir sind dann brutal rausgeschmissen worden.
Danach sind wir noch ins Krankenhaus gefahren. Es ist nichts gebrochen, aber der Kaumuskel ist überdehnt, und ich habe schwere Prellungen. Den Mund kann ich nicht mehr richtig aufmachen.
Was hast Du zuvor an der Sielwallkreuzung gemacht?
Na ja, wir haben da halt Silvester gefeiert. Vorher haben wir geböllert. Als die ganzen Bullen ankamen, waren halt alle dagegen, daß die da räumen. Irgendwelche haben dann angefangen, Flaschen zu werfen. Ich hab auch eine geworfen, aber dem Bullen nur vor die Füße, so daß nichts passiert ist. Später haben wir noch Mülltonnen auf die Straße geworfen.
Warum bist Du überhaupt zur Sielwallkreuzung gegangen?
Ich bin da mit 30, 40 Leuten hingegangen, weil da immer was los ist. Und meine Freunde waren auch da. Wir wollten unsern Spaß haben und wollten nicht, daß die Bullen alles kaputtmachen.
Seit ihr von der Polizei aufgefordert worden wegzugehen?
Ja, die haben mit dem Megaphon gesagt, in drei Minuten sollen wir den Platz räumen. Aber die haben dann ja keinen durchgelassen. Mit ihren Schildern hatten sie alles dichtgemacht. Die Bullen haben jeden genommen, den sie gekriegt haben.
Fragen: Dirk Asendorpf
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