Interview: „Neu verhandeln“
■ Grüne-Spitzenfrau Andrea Hoops über Arbeitslosigkeit, Expo und Rot-grün
taz: Die Grünen seien Bremser in der Wirtschaftspolitik, wirft Ihnen die schwarz-gelbe Opposition vor. Begreifen Bündnis 90/ Die Grünen den Ernst der Lage nicht?
Andrea Hoops: Die Arbeitsmarktpolitik ist auch für uns ein ganz zentrales Thema. Doch Ökonomie und Ökologie dürfen nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. Wir haben mit unserer Politik deutlich gemacht, daß wir mit Umweltschutz Arbeitsplätze schaffen. Es sind nicht nur neue Ausbildungsgänge in diesem Bereich entstanden, sondern wir haben auch mit Wirtschaftsförderinstrumenten wie dem Ökologiefonds den ökologischen Umbau vorangetrieben und Arbeitsplätze geschaffen und erhalten.
Aber in Niedersachsen hat die Arbeitslosigkeit zugenommen.
Wir haben mit den sozialen Betrieben, 60 an der Zahl, und Existenzgründerinnenprogram men neue Ansätze geschaffen. Wenn man jedoch Arbeitslosigkeit bekämpfen will, dann muß man an die Arbeitszeitverkürzung ran. Dafür setzen wir uns ein.
Die rot-grüne Landesregierung hat aber die Arbeitszeit der LehrerInnen erhöht.
Das war für uns Grüne arbeitsmarktpolitisch ein falscher, aber bildungspolitisch leider ein notwendiger Schritt. Wir haben jedoch dafür gesorgt, daß LehrerInnen statt der Mehrarbeit auf Gehalt verzichten können. Das Geld wandert in einen Fonds, aus dem zusätzliche Neueinstellungen finanziert werden.
Das Ergebnis von vier Jahren rot-grün sind auch vormals von den Grünen abgelehnte Projekte wie Expo, Mercedes-Teststrecke und Emsvertiefung. Warum wollen Sie trotz zahlreicher Niederlagen an der Koalition festhalten?
Es ist richtig, daß wir mit unseren mickrigen 5,5 Prozent nicht jedes Großprojekt verhindern konnten. Wir sind auch in der Atompolitik nicht zufrieden. Ich ziehe eine zwiespältige Bilanz. Es geht mir jedoch immer um die Gesamtbilanz, und die ist unterm Strich positiv. Wir müssen es hinbekommen, daß wir aus der Niedersachsenwahl gestärkt hervorgehen, um solche Großprojekte zu verhindern.
Welche Bedingungen wollen Bündnis 90/ Die Grünen an eine Fortführung der rot-grünen Ehe knüpfen?
In der Atompolitik darf es überhaupt keine Kompromisse geben. Wir werden auch über die Emsvertiefung und die Expo noch einmal sprechen müssen. Es kann nicht sein, daß aus den begrenzten Mitteln des Landes so eine Showveranstaltung finanziert wird.
Ist Rot-grün in Niedersachsen ein Modell für Bonn?
Ja. Die Landtagswahl hat eine große Bedeutung, weil sie der Auftakt für eine ganze Reihe von Wahlen ist. Sie wird eine Signalwirkung für die Ablösung der Kohl-Regierung in Bonn haben. Die WählerInnen haben die Chance, in Niedersachsen ein Zeichen gegen Rechts und eine drohende große Koalition in Bonn zu setzen. Fragen: d.r
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