Interview: Couch-Weltbild
■ Roland Salchow (CDU) über seine Partei
taz: Wieviele Wahlniederlagen braucht die Hamburger CDU noch, damit sie einmal über ihren Schatten springt?
Salchow: Ich glaube, daß sie dafür keine Wahlniederlagen benötigt, sondern eher ein bißchen mehr Nachdenken. Und vor allem braucht sie die innere Einstellung, daß sie eine dienende Aufgabe gegenüber der Bevölkerung hat. Das muß bei Entscheidungen im Vordergrund stehen und nicht die Arithmetik zwischen den Kreisen und zwischen den Mächtigkeiten. Wenn die Partei das mal erkannt hat, dann ist es in Ordnung.
Über den Abschied von den Kungelkreisen, über Reform und Öffnung der Partei wird seit Jahren gesprochen. In den Abstimmungsergebnissen kommt das nicht unbedingt zum Ausdruck. Woran liegt's?
Die Reform muß noch tiefer ins Bewußtsein der Mandatsträger in der Partei dringen. Wir dürfen unser Weltbild nicht immer nur in Gesprächen miteinander auf der Couch färben, sondern draußen, wo die Wirklichkeit ist. Ich glaube, daß manchmal die Wahrnehmung der Wirklichkeit bei uns nicht genügend ist.
Also viele Reform-Worte, nix dahinter?
Doch. Doch. Doch. Es gibt ja heutzutage zum Beispiel keine Listen mehr ohne Frauen auf aussichtsreichen Plätzen. Und die Mechanismen bei den parteiinternen Wahlen sind ja auch freier geworden. Da gehen schon Dinge voran.
Trotzdem werden die Spitzenfunktionäre erst mal nach Bonn durchgewunken, die Frauen dürfen sich um Platz vier kloppen.
Ich würde nie was sagen gegen Volker Rühe, weil ich ihn für einen guten Politiker halte. Auch nicht gegen Dirk Fischer, obwohl wir nicht immer einer Meinung sind. Das ist auch Teil des Problems. Da hat man ein paar Leute, die sind sehr akzeptabel. Und außerdem: Einen Neuen reinzubringen bedeutet immer auch Verletzungen der alten Freunde.
Wieviel Prozent bekommt die CDU in Hamburg bei der Bundestagswahl?
Fünfunddreißig. Aber einen Chateauneuf du pape wette ich da nicht drauf. uex
Roland Salchow (49) ist Umweltexperte und stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion.
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