Interview mit dem Initiator des Wassermobs: "Leitungswasser ist günstig"
Am Samstag findet in Neukölln ein "Wassermob" statt. Ziel ist die Aufstellung eines Trinkwasserbrunnens. Samuel Höller von der Gruppe "a tip: tap" erklärt, wozu der gut ist.
taz: Herr Höller, Sie wollen, dass die Leute mehr Leitungswasser trinken. Dabei wurden erst kürzlich Bakterien im Spandauer Leitungswasser gefunden.
Samuel Höller: Leitungswasser wird sehr gut kontrolliert. Der Fall in Spandau konnte so schnell öffentlich gemacht und behoben werden. Meist ist das Leitungswasser sogar qualitativ besser als Mineralwasser in Flaschen. Ich denke da an Weichmacher, die durch Plastikflaschen ins Wasser gelangen können. Außerdem muss Leitungswasser nicht aus anderen Teilen Deutschlands oder der Welt angeliefert werden. Man spart Transportkosten, Ressourcen und CO2.
An diesem Samstag wollen Sie mit der Initiative "a tip: tap" einen "Wassermob" durchführen. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Es geht darum, dass wir zusammen mit den Berliner Wasserbetrieben und dem Bioladen "Biosphäre" einen öffentlichen Kiezbrunnen in Neukölln aufstellen wollen, der den Bürgern gut kontrolliertes Trinkwasser bereitstellt. Dazu laden wir am Samstag alle Leute ein, in diesem Bioladen einzukaufen. Der Zusatzgewinn kommt dann der Förderung des Brunnens zugute, der am 22. März 2012, dem Tag des Wassers, auf dem Bürgersteig vor dem Bioladen in Betrieb genommen werden soll. Auch das EU-Programm "Jugend in Aktion" unterstützt uns dabei.
Leitungswasser hat doch jeder zu Hause. Wozu da noch ein öffentlich zugänglicher Kiezbrunnen?
29, hat Umweltwissenschaften studiert und will im Rahmen der Initiative "a tip: tap" zu mehr Leitungswasserkonsum motivieren.
Weil man unterwegs Wasser trinken kann, ohne überteuerte Plastikwasserflaschen zu kaufen oder heimlich auf den Kneipenklos Wasser abzuzapfen. Außerdem soll mit dem öffentlichen Trinken von Leitungswasser ein Zeichen gesetzt werden, damit mehr Leute auch zu Hause zum Hahn greifen.
Kann der Brunnen durch den "Wassermob" überhaupt finanziert werden?
Nein. Allerdings fließt unsere EU-Förderung in den Brunnen und zusätzlich werden wir im Kiez nach Sponsoren suchen. Der Anschluss wird von den Berliner Wasserbetrieben bezahlt. Die Kosten für die jährliche Wartung von 3.000 Euro möchten wir für die ersten drei Jahre übernehmen. Es ist sozusagen die Auftaktveranstaltung zur Finanzierung des Brunnens.
Das Ziel ist dann, dass die Leute dorthin gehen und ihre Flaschen auffüllen?
Genau. Es wird ein Wasserstrahl hochgespritzt, an dem man Flaschen auffüllen oder auch direkt trinken kann. Eine gute Erfrischung an heißen Tagen.
Gibt es solche Brunnen denn nicht schon in Berlin?
Ja, es gibt hier sechzehn solcher Brunnen. Auf unserer Homepage findet man eine Karte, auf der sie eingezeichnet sind. Leider sind sie nicht besonders bekannt und weit verstreut.
Also werden die Brunnen nicht besonders gut angenommen. Warum dann noch einen?
Das Thema Leitungswasser ist leider nicht besonders präsent in der öffentlichen Diskussion. Das wollen wir durch den Brunnen ändern. Leitungswasser ist einfach günstig, gut kontrolliert und ressourcenschonend. Und man braucht keine Getränkekisten zu schleppen. Als Vorbild sehen wir Bilbao mit 400 dieser Brunnen. Wir kooperieren mit Spanierinnen vor Ort, um von diesem Beispiel zu lernen. Und wir hoffen, dass es in Berlin auch irgendwann an jeder Ecke einen Trinkbrunnen gibt.
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