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Interview mit Gohar Mehsud „Ich genieße die Zeit in Deutschland sehr“

Der Refugiums Stipendiat wurde vor dem Presseklub in Islamabad verprügelt als er einen Transgender-Protest beobachtete.

Foto: Wolfgang Borrs

Gohar Mehsud (he/him) aus Pakistan ist der fünfzehnte Teilnehmer des Refugium Stipendiums. Sein Journalistischer Fokus liegt auf Korruption und Militarisierung sowie den Folgen von Militärinterventionen auf die lokale Bevölkerung. Außerdem beschäftigt er sich mit Menschenrechtsverletzungen insbesondere in dem ehemaligen pakistanischen Sonderterritorium FATA.

Social Media: https://twitter.com/tribaljournlist

Andreas Lorenz: Warum haben Sie sich für das Auszeitprogramm der taz Panter Stiftung beworben?

Gohad Mesur: Ich brauchte dringend eine Pause. Die Menschen hier können sich kaum vorstellen, wie es um die Presse-und Meinungsfreiheit in Pakistan bestellt ist.

Das Interview führte:

Andreas Lorenz, er hat viele Jahre für den Spiegel und zahlreiche Tageszeitungen als Auslandskorrespondent berichtet. Seit 2011 engagiert er sich bei der taz Panter Stiftung als Kuratoriumsmitglied für die Ausbildung von Journalist:innen.

Nun, Pakistan ist keine Diktatur.

Ja, nach außen hin ist alles in Ordnung, doch dahinter sieht es anders aus. Das Militär kontrolliert alles mithilfe von Politikern, die Gesetze zu seinen Gunsten verabschieden. Um die Meinungs- und Pressefreiheit ist es schlecht bestellt. Ich arbeite seit 2008 als Journalist ...

Wo?

Meist in der Hauptstadt Islamabad. Ich stamme aus Südwaziristan, einem Stammesgebiet. Die Taliban infiltrierten immer wieder die pakistanische Seite. Es kam zu Gefechten zwischen pakistanischem Militär und den Taliban. Mein Haus wurde zerstört, viele meiner Bekannten starben. Umgekehrt schlossen sich viele meiner ehemaligen Klassenkameraden den Taliban an. Ich habe immer wieder über die Lage der Menschenrechte, den Kampf gegen den Terrorismus und über Genderfragen berichtet.

Für wen?

Für Vice-News in den USA, für die BBC-Urdu, für einen TV-Sender in Urdu in Islamabad, für soziale Medien. Solche Themen passen den Sicherheitsbehörden überhaupt nicht.

Können Sie ein Beispiel geben?

Wir haben beobachtet, dass die Taliban ohne Probleme die Kontrollpunkte passieren konnten, während Zivilisten endlos Fragen beantworten mussten. Während des Krieges gegen den Terror floss eine Menge internationaler Hilfe in unsere Region, doch sie kam nie vollständig bei den Menschen an, die sie dringend brauchten. Gleichzeitig verschwanden viele Menschen spurlos. Der TV-Sender, für den ich arbeite, hat das nicht veröffentlicht, weil es verboten ist, aus den Stammesgebieten zu berichten. Die Verwaltung ist meist in den Händen des Militärs. Wer also Korruption und Machtmissbrauch aufdeckt, legt sich mit den Militärs an.

Was passierte mit Ihnen?

Du bekommst Anrufe. Freunde oder Verwandte werden angesprochen, um dich von bestimmten Themen abzubringen. Mein Chef im Fernsehen wurde unter Druck gesetzt, mich von diesen Themen abzuziehen.

Was tat er?

Antwort: Nichts. Als ich 2021 in Islamabad einen Transgender-Protest beobachtete, versuchte ein Auto, mich von der Straße zu drängen. Schließlich stieg der Fahrer aus und begann, auf mich einzuschlagen. Das war direkt vor dem Presseklub in Islamabad. Kollegen und Transgender-Aktivisten griffen ein. Später wuchs der Druck von Kollegen, mich mit dem Kerl zu einigen. Es habe keinen Zweck, sich mit denen anzulegen, sagten sie. Ich wollte zunächst nicht, aber schließlich habe ich nachgegeben.

Dann hörten Sie von dem Auszeit-Stipendium der taz Panter Stiftung?

Genau. Das kam zur rechten Zeit. Ich war damals wahnsinnig frustriert.

Und wie fühlen Sie sich jetzt in Berlin?

Es ist unglaublich angenehm, sich nicht beobachtet zu fühlen. Das bedeutet große Freiheit und Erholung für mich. Ich genieße die Zeit in Deutschland sehr.

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