Interview Krise WestLB: "Muss der Staat Banken betreiben?"
Bankenexperte Udo Steffens kritisiert das Versagen der politischen Kontrolle. Landesbanken hält er für überholt.
taz: Herr Steffens, fünf Milliarden Euro haben Nordrhein-Westfalen und die Sparkassen bereitgestellt, um die WestLB zu retten. Reicht das?
Udo Steffens: Die Risiken wurden nach bestem Wissen und Gewissen bewertet. Aber weiß man es? Wenn die Wirtschaftskrise weiter zuschlägt, könnte der Wertverlust auch noch größer ausfallen.
Was bedeutet das für die Steuerzahler?
Die Haushaltsüberschüsse können nicht mehr für soziale Aufgaben verwendet werden. Immerhin hat das Land herausgehandelt, dass es angemessen entschädigt wird, falls die WestLB verkauft wird.
Hat die politische Kontrolle versagt?
Es fällt auf, dass sich vor allem Landesbanken verspekuliert haben. Deren Aufsichtsräte sind politisch besetzte Gremien. Expertise ist zwar vorhanden, aber sie ist nicht die Begründung des Mandats. Die Aufsichtsratsposten werden nach politischen Gesichtspunkten vergeben. Letztlich ist die Frage: Muss der Staat überhaupt Banken betreiben?
Muss er das?
Staatliche Spezialbanken mögen sinnvoll sein, die gezielt den Siedlungsbau oder die Landwirtschaft fördern wollen, weil sich dafür kein privater Investor finden würde. Aber staatliche Landesbanken werden eigentlich nicht gebraucht. Sie haben ja auch kein tragfähiges Geschäftsmodell: Ihre ursprüngliche Funktion hat sich erledigt, den Zahlungsverkehr der Sparkassen zu organisieren.
Nun wird ja schon kräftig über Fusionen spekuliert. Wie viele der sieben Landesbanken dürften übrig bleiben?
Ich rechne mit drei Instituten - im Norden, in der Mitte und im Süden. Tatsächlich würden auch zwei Landesbanken genügen, aber diese Diskussion wird sehr emotional geführt: Die jeweiligen Ministerpräsidenten betrachten es als Ehrverlust, den Einfluss auf ihre Landesbanken aufzugeben.
Als Zukunftsmodell wird immer wieder diskutiert, die Landesbanken mit den Sparkassen zu fusionieren. Warum kommt das nicht voran?
Die Sparkassenmanager würden ihre Unabhängigkeit verlieren. Letztlich geht es wieder um Egomanie. Außerdem brauchen die großen Sparkassen die Landesbanken nicht. Sie können Auslands- oder Projektfinanzierungen auch allein anbieten.
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