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Interview Dopingkontrolleur Don Catlin"Unabhängigkeit ist eine Illusion"

Der Mediziner Don Catlin arbeitet im Auftrag von Lance Armstrong an dessen Glaubwürdigkeit. Ich darf ihn jederzeit auf alles testen, sagt der bekannte Dopingkontrolleur. Die Ergebnisse kommen ins Internet.

Der siebenmalige Tour de France-Sieger Lance Armstrong will jetzt der transparenteste Athlet aller Zeiten werden. Bild: rtr

Bild: ap

Der Mediziner Don Catlin wurde 1984 vom amerikanischen Olympischen Komitee dazu berufen, die Dopingtests bei den Spielen von Los Angeles durchzuführen. Dazu gründete er das erste offizielle Antidopinglabor der USA. Catlin gilt in Amerika als eiserner Dopingbekämpfer. Mit seiner Firma "Anti Doping Research" entwickelte er den Isotopentest für Anabolika, er knackte den Code für die Steriode Noblethon, THG und Madol - und er überführte den 100-Meter- Weltrekordhalter Justin Gatlin. Jetzt willigte Catlin ein, Lance Armstrong bei seinem Comeback mit einem engmaschigen Testprogramm zu überwachen und somit, wie Armstrong sagte, "zu 100 Prozent" seine Leistungen zu validieren.

Der Mediziner Don Catlin wurde 1984 vom amerikanischen Olympischen Komitee dazu berufen, die Dopingtests bei den Spielen von Los Angeles durchzuführen. Dazu gründete er das erste offizielle Antidopinglabor der USA. Catlin gilt in Amerika als eiserner Dopingbekämpfer. Mit seiner Firma "Anti Doping Research" entwickelte er den Isotopentest für Anabolika, er knackte den Code für die Steriode Noblethon, THG und Madol - und er überführte den 100-Meter-Weltrekordhalter Justin Gatlin. Jetzt willigte Catlin ein, Lance Armstrong bei seinem Comeback mit einem engmaschigen Testprogramm zu überwachen und somit, wie Armstrong sagte, "zu 100 Prozent" seine Leistungen zu validieren.

taz: Herr Catlin, was hat Sie dazu veranlasst, mit Lance Armstrong zusammen zu arbeiten.

Don Catlin: Es ist für mich eine einmalige Gelegenheit. Langzeittests, wie ich sie jetzt mit Lance machen kann, sind die Art von Dopingtests, die ich seit 25 Jahren gerne machen möchte. Ich bin in meiner Arbeit mittlerweile so weit zu sagen, dass jeder Cent für konventionelle Tests herausgeschmissenes Geld ist. Wenn wir keine sinnvollen Langzeittests entwickeln, dann können wir auch gleich aufgeben. Die Arbeit mit Lance wird mich in der Gestaltung eines wirksamen Langzeittestverfahrens enorm voranbringen. Ich hoffe, dass das Verfahren, an dem ich arbeite, ein Modell für den Sport werden kann, nicht nur für den Radsport.

Was waren Ihre Bedingungen, mit Armstrong zu arbeiten?

Dass ich ihn jederzeit auf alles testen kann, was ich möchte, dass seine Proben auf unbestimmte Zeit eingefroren bleiben und dass die Ergebnisse fortlaufend im Internet veröffentlicht werden.

Und er hat ohne zu zögern in alles eingewilligt.

Ohne mit der Wimper zu zucken.

Armstrong hat gesagt, dass er mit Ihrem Programm der transparenteste Athlet aller Zeiten sein wird. Was ist an Ihren Tests anders als an den Tests anderer Radteams wie Garmin, CSC oder Columbia?

Wir testen auf viel mehr Dinge als diese Programme und wir testen viel häufiger. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass dort wie bei uns Elektroferogramme für Epo gemacht werden. Ich arbeite mit Hilfe des Epoherstellers Amgen an einem Test für Biogenerika, und diese Tests mit Lance werden uns in der Entwicklung des Tests deutlich voranbringen. Ich glaube auch nicht, dass die anderen den Isotopentest auf anabole Steroide machen. Das ist ein aufwändiger Test, der normalerweise erst bei Verdacht auf die B-Probe angewandt wird.

Glauben Sie denn daran, dass Armstrong sauber ist?

Wenn Sie auf die Vergangenheit anspielen, kann ich Ihnen nur sagen, ich weiß es nicht. Es ist für mich aber auch nicht wichtig. Meine Zeitrechnung mit Lance beginnt im Jahr 2008.

Haben Sie denn das wissenschaftliche Gutachten über Armstrongs Proben von 1999 gelesen?

Ja, ich habe das gelesen, ich habe alles über Lance gelesen. Vermutlich habe ich Dutzende seiner Proben kontrolliert, ohne das zu wissen. Es ist aufgrund der vorhandenen Informationen unmöglich zu wissen, was er in der Vergangenheit gemacht hat und was er nicht gemacht hat.

War denn das Gutachten zu seinen Gunsten glaubwürdig?

Ich kenne die Wissenschaftler, die das Gutachten erstellt haben und ich halte sie für seriös. Mehr kann ich nicht sagen.

Ist es möglich, dass Armstrong im kommenden Jahr unter Ihrer Nase dopt?

Es wird sehr schwer für ihn und er wäre sehr dumm, wenn er das versuchen würde. Aber natürlich wissen wir in der Dopingbekämpfung, dass immer jemand unter unseren Augen etwas machen kann. Das ist unsere Dauerfrustration, aber auch unsere Motivation, unsere Verfahren zu verbessern.

Wie können Sie den Verdacht ausräumen, dass Sie von Armstrong gekauft sind? Schließlich bezahlt sein Team Ihr Programm.

Letztlich kann ich das natürlich nicht ausräumen. Wissen Sie, irgendwie ist doch jeder mit jedem verbandelt. Unabhängigkeit ist eine Illusion. Auch die angeblich wirklich unabhängigen Tests können hinterfragt werden. Der Blutpass des Radsport-Verbandes UCI ist dafür doch das beste Beispiel. Da behauptet der Tour-Veranstalter ASO, die UCI wäre auch nicht unabhängig, obwohl das ein Verband ist. Diesem Dilemma entkommt man nicht.

Wie viel bezahlt Astana Ihnen?

Das steht noch nicht fest. Ich kann nur sagen: Das Programm wird nicht billig. Für einen Athleten mit wenig Geld wäre es schwer zu finanzieren. Auch für ein anderes Radteam mit einem kleineren Budget. Und für einen Verband sowieso.

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