Interview: Antje Jansen: „Ich, das Restrisiko“
■ Schleswig-Holsteins linke Spitzengrüne antwortet Realo Klaus Müller
taz: Frau Jansen, Ihr Gegenspieler im grünen Landesvorstand, Klaus Müller, betrachtet Sie nicht als das Restrisiko für die rotgrüne Koalition in Kiel, wie er gestern im taz-Interview sagte. Stimmen Sie dem zu?
Antje Jansen: Auch in diesem Punkt gibt es offenbar keine Gemeinsamkeiten mit Klaus Müller. Für einen Koalitionsfrieden, der zu Lasten der Grünen geht, bin ich ein Restrisiko.
Weil Sie, wie Kritiker munkeln, immer nur 'Nein' sagen, aber nie konstruktiv diskutieren?
Das ist Unsinn. Ich dränge auf Einhaltung des Koalitionsvertrages und fordere offensiv ein, was nicht umgesetzt wurde. In der Arbeitsmarktpolitik genauso wie in der Frauen- oder der Flüchtlingspolitik. Zum Beispiel das Bleiberecht für die Überlebenden des Lübecker Brandanschlags: Die Grünen haben beschlossen, das zu fordern, aber es passiert einfach nichts. Damit kann ich mich nicht zufrieden geben.
Der Landeshauptausschuß der Grünen hat es am Sonntag abgelehnt, Ihren Rücktritt zu fordern. Sehen Sie das als Stärkung des koalitionskritischen Flügels in der Partei?
Ja. Es zeigt sich, daß die Unzufriedenheit in der Partei mit der mangelnden Kritikfähigkeit gegenüber dieser Regierung immer größer wird.
Lautet Ihre persönliche Bilanz nach einem Jahr rotgrüner Koalition in Kiel 'Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende'?
So drastisch würde ich das nicht formulieren. Aber ich mache ein großes Fragezeichen hinter die Chancen grüner Politik in dieser Koalition.
Auf dem Landesparteitag am übernächsten Wochenende wird ein neuer Vorstand gewählt. Gehen Sie, nach der Abfuhr für die Realos am Sonntag, mit Oberwasser dorthin?
Auf einem Parteitag kann viel passieren. Aber sicher, ich kann mich selbstbewußt der Vertrauensabstimmung über mich als Vorstandssprecherin stellen.
Ihr Koalitionspartner SPD fordert Berechenbarkeit. Wird der Parteitag dem nachkommen?
Über diese Einmischung in die grüne Personalpolitik und in grüne Inhalte bin ich sehr verärgert. Die SPD sollte sich da raushalten, wir schreiben denen ja auch nichts vor.
Kann es wieder einen grünen Landesvorstand mit Ihnen und Herrn Müller geben?
Nein. Fragen: smv
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