Internationaler Strafgerichtshof: Erster Prozess gescheitert
Weil die Staatsanwaltschaft Informationen nicht an die Verteidigung des kongolesischen Ex-Rebellenführers Thomas Lubanga weitergeben wollte, ist der erste Prozess des Strafgerichtshofs vorerst gescheitert.
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DEN HAAG dpa | Der Prozess gegen den ersten Angeklagten vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ist vorerst gescheitert. Die Richter ordneten am Donnerstag unter Auflagen die Freilassung des kongolesischen Ex-Rebellenführers Thomas Lubanga an. Dem 49-Jährigen war die Zwangsrekrutierung von Kindern als Soldaten vorgeworfen worden. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo kündigte umgehend Berufung an. Dadurch bleibt der Angeklagte bis zu einer weiteren Entscheidung in Untersuchungshaft.
Die Staatsanwaltschaft habe sich trotz Aufforderung durch das Gericht geweigert, bestimmte Informationen an die Verteidigung weiterzugeben, erklärten die IStGH-Richter. Dadurch sei Lubangas Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt worden. Moreno-Ocampo sagte, es handele sich bei dem Vorgang um eine Unterbrechung des Verfahrens, die auch demonstriere, dass es beim IStGH streng nach Recht und Gesetz zugehe.
"Wir sind zuversichtlich, dass die Berufungskammer diesen juristischen Disput rasch klären wird", sagte der Chefankläger. "Die Opfer von Thomas Lubangas mutmaßlichen Verbrechen müssen Vertrauen haben können, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt." Lubangas Verteidiger hatten das Begehren auf Einsicht in Unterlagen der Staatsanwaltschaft damit begründet, dass die Anklage gegen ihren Mandanten möglicherweise manipuliert worden sei.
Der Prozess gegen Lubanga war am 29. Januar 2009 als erstes Verfahren vor dem sogenannten Weltstrafgerichtshof unter großer Aufmerksamkeit eröffnet worden. Der Angeklagte, der seit März 2006 in Untersuchungshaft sitzt, hatte den Vorwurf zurückgewiesen, Jungen und Mädchen als Killer gedrillt und als Sexsklaven missbraucht zu haben.
Laut Anklage hat Lubanga "durch die Rekrutierung, Ausbildung und Verwendung Hunderter junger Kinder für Morde, Plünderungen und Vergewaltigungen" schwerste Kriegsverbrechen begangen. Lubanga sei verantwortlich dafür, dass Kinder seines Hema-Volkes, die teils gerade erst zehn Jahre alt waren, unter der Androhung getötet zu werden, in den Kampf gegen Angehörige des verfeindeten Lendu-Volkes getrieben wurden.
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