Internationaler Aktionstag: Kampf gegen Genitalverstümmelung
Am Samstag ist der internationale Aktionstag gegen Beschneidung. Der Kampf gegen Genitalverstümmelung ist schwierig, denn oft wirken gut gemeinte Maßnahmen kontraproduktiv.
BERLIN taz | Das Thema ist so kompliziert, dass die Politik um einen angemessenen Umgang damit ringt: Am Samstag, am Internationalen Aktionstag gegen Genitalverstümmelung, wird eine weitere Kampagne gegen das Verbrechen gestartet. Doch der Bundestag tut sich schwer mit dem Kampf gegen den grausamen Brauch.
Lanciert wird die Kampagne von dem internationalen Bündnis "Stop FGM now!", unter anderem mit dem Model Waris Dirie, Autorin des Buches "Wüstenblume". Beteiligt ist auch die deutsche Frauenrechtsorganisation "Terre des femmes". Sie gibt an, dass etwa 20.000 beschnittene Frauen in Deutschland leben, geschätzt wird, dass 4.000 bis 5.000 Mädchen diese Tortur noch droht.
Schon in der vorigen Legislaturperiode hat eine Abgeordnetengruppe, die sich aus Grünen, FDP und wenigen Mitgliedern von SPD und CDU zusammensetzte, im Bundestag einen Gesetzentwurf eingebracht, der klarstellen soll, dass Genitalverstümmelung eine schwere Körperverletzung ist. Damit würde sie mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft. Zudem versucht man dem Problem Herr zu werden, dass Mädchen oft im Urlaub in ihrem Herkunftsland beschnitten werden. Die Verstümmelung soll deshalb in den Katalog der Auslandsstraftaten aufgenommen werden, die geahndet werden können, wenn das Opfer seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Die jetzige Regierung ist in dieser Sache noch nicht tätig geworden - was die Grünen ihr vorwerfen.
Die Strafandrohung hilft allerdings nur begrenzt weiter, kritisieren die Menschenrechtsgruppen. Es gibt wenige Töchter, die ihre eigene Familie verklagen würden, weil die an ihnen einen grausamen Brauch vollzogen hat. Oft sind sie selbst überrascht von der Tatsache, dass ihre Beschneidung sie rechtlich zum Opfer einer Straftat macht, hatte Heike Rudat vom Bund Deutscher Kriminalbeamter bereits in einer Bundestagsanhörung zum Thema im Jahr 2007 erklärt. Gerade in Deutschland hätten die Betroffenen Angst davor, ihr soziales Umfeld zu verlieren, oder auch davor, dass ihre Angehörigen oder sie selbst abgeschoben werden könnten.
Umstritten ist deshalb auch die Forderung der Organisationen, dass Ärzte eine begangene oder drohende Verstümmelung den Behörden melden müssen. Die Bundesärztekammer etwa meint, dass eine solche Meldepflicht kontraproduktiv wirken könnte: Aus Furcht vor einer Anzeige könnten die Eltern den Arztbesuch gänzlich meiden.
Die Verbände fordern zudem, Vorsorgeuntersuchungen für alle Mädchen bundesweit zur Pflicht zu machen. Dabei könnte auch eine drohende Beschneidung thematisiert werden.
Auch das ist rechtlich eine schwierige Angelegenheit und kann zu diskriminierenden Szenarien führen. So verbot das Familiengericht im süddeutschen Bad Säckingen einer äthiopischen Familie, ihre Tochter mit in den Urlaub nach Äthiopien zu nehmen, weil es sie dort der Gefahr der Beschneidung ausgesetzt sah. Die Eltern mussten beteuern, weit von dieser Praxis entfernt zu sein. Sie sahen sich zu Unrecht unter einen Generalverdacht gestellt. In der Revision bekamen sie Recht.
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