Internationale Automobilausstellung: Elektro ist das neue Brummen
Und sie fahren doch. Auf der IAA in Frankfurt sind serienreife E-Autos zu sehen. Im Premiumsegment heißt die Devise weiter: big is beautiful.
FRANKFURT taz | Der Dom mit gigantischer Kuppel für das Lesen von Automessen steht gleich im Eingangsbereich der IAA 2011: die imposante Frankfurter Kongresshalle. Die Mercedesfamilie hat darin eine neue, schwarz ausgelegte Galaxie installieren lassen, eine Sternenwelt, der man sich als Besucher auf Rolltreppen annähern kann.
Die Produkte aus Blech und Chrom der Stuttgarter kleben dort fast an der Decke der Halle - angestrahlt von Hunderten von Scheinwerfern, die in die Kuppel montiert wurden. Gigantomanie pur. Im Premium-Segment, das in Deutschland Mercedes, Porsche, BMW und Audi bedienen, heißt die Devise schließlich weiter: big is beautiful.
Beim Verbrauch und beim CO2-Ausstoß müssen auch die Großen der Branche Kompromisse mit dem ökologischen Zeitgeist eingehen. Selbst der neue SUV von Mercedes ist mit einem Motor ausgestattet, der einen Verbrauch von nur 5,6 Liter auf 100 Kilometer garantieren soll.
Gleich neben der Kongresshalle hat Mercedes seine eigene Parallelwelt aufgebaut: viele, viele bunte Smarts. Der Star unter den Sternchen ist der Elektro-Smart, der ab dem Frühjahr 2012 für 16.000 Euro auf den Markt kommen soll, plus 60 Euro Miete monatlich für die Batterie. Dazu kommt der zusammen mit BASF entwickelte Testwagen Smart Forvision, dessen mit Solarzellen durchmischte Dachlackierung den Strom für die Lüftung liefert.
Selbst BMW ist auf den Trichter gekommen
Überhaupt Öko: Erstmals auf einer IAA wurde eine Halle ausschließlich für die Darstellung der Elektromobilität reserviert. Der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann (CDU), ist fest davon überzeugt, dass die Halle 4.0 ab Donnerstag auch zu einem "Publikumsmagneten" werden wird.
Elektrische Antriebe sind zwar beliebt. Wissmann gibt allerdings zu bedenken, dass auf dem Weg zu einem für lange Strecken geeigneten Auto ausschließlich mit Elektromotor "im Hinblick auf Batterietechnik, Zyklenfestigkeit und Infrastruktur" noch erhebliche Herausforderungen auf die Branche warteten. Zur Bewältigung des Verkehrs in den Megastädten der Welt scheinen Elektroautos allerdings schon heute unverzichtbar zu sein.
Die japanische Industrie hat hier die Nase vorn. Inzwischen kann es sich offenbar kein Volumenhersteller mehr leisten, Elektroantriebe zu ignorieren oder nicht wenigstens auf Hybridtechnologie zu setzen. Selbst BMW ist mit dem ActiveHybrid 7 auf den Trichter gekommen.
"Achtzig Prozent der täglichen Fahrstrecken liegen unter 50 Kilometer", so Opel mit Verweis auf die Studie Mobilität in Deutschland. Das neue Opel-Elektroauto Ampera schafft zwischen 40 und 80 Kilometer allein mit der Energie aus seiner Lithium-Ionen-Batterie. Soll es weiter fort gehen, produziert ein mit Benzin betriebener Bordgenerator neuen Strom und verlängert so die Reichweite des Autos auf bis zu 500 Kilometer.
Noch in diesem Jahr sollen die ersten Fahrzeuge ausgeliefert werden. Die Innovation scheint sich auch zu rechnen. 16.000 Bestellungen für den Ampera, der wie ein ganz normaler schicker Mittelklassewagen aussieht, würden bereits vorliegen, freute sich Opelchef Karl-Friedrich Stracke.
Maximal 40 km/h
Der Elektrohype hat jetzt selbst eine Firma in Kroatien, die bislang Roboter für die Minenräumung produzierte, zum Abenteuer Autobau animiert. In Zagreb stellt das Unternehmen Doking ab sofort den flotten, eiförmigen Kleinwagen XD in zwei Versionen ausschließlich mit Elektromotor und einer Reichweite von 220 bis 250 Kilometer her, bei einer maximalen Geschwindigkeit von 40 km/h.
Auch die Brennstoffzelle ist auf der IAA weiter Thema. Doch jenseits aller Debatten um Antriebsarten und urbane Verkehrskonzepte werden auf der IAA auch noch einfach nur schöne Autos ausgestellt: etwa aus Großbritannien der Aston Martin One 77 mit 760 PS und der Jaguar C-X16 Hybrid mit 380 PS.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“