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Internationale Aufrüstung am Golf

■ USA, Großbritannien und Frankreich entsenden weitere Truppen in die Krisenregion / Seeblockade soll Bevölkerung Iraks zum Aufstand gegen Saddam bewegen / Nato billigt US-Maßnahmen

Bagdad/Kairo (afp/dpa) - Während am Persischen Golf am Freitag weitere Streitkräfte der USA, Großbritanniens und Frankreichs eintrafen, sind in Kairo 16 arabische Staatschefs zu einem Gipfel zusammengekommen, der von den meisten Arabern als „letzte Chance“ für eine interne Lösung der Golfkrise angesehen wurde. Aus dem Verteidigungsministerium in Washington verlautete, die Zahl der US-Truppen am Golf könnte in mehreren Wochen auf 250.000 Mann erhöht werden. Großbritannien und Frankreich, die ihre militärische Präsenz am Golf ebenfalls verstärken, zogen inzwischen eine Seeblockade Iraks in Betracht, um die Einhaltung des Wirtschaftsembargos durchzusetzen.

Präsident Michail Gorbatschow hat am Freitag die arabischen Staaten gebeten, alles zu tun, um den „Brand am Persischen Golf zu löschen“. In einer Botschaft an den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak und die in Kairo tagenden Führer der arabischen Staaten betonte Gorbatschow, „die Entwicklung am Persischen Golf nimmt einen außergewöhnlich gefährlichen und immer weniger vorhersehbaren Charakter an“.

Zur sowjetischen Haltung gegenüber der Invasion des Irak in Kuwait schrieb Gorbatschow: „Wir haben uns bemüht, dem Irak dabei zu helfen, mit minimalem Schaden aus der Lage zu gelangen, in die er hineingeraten war. Die Erfüllung der Resolution 660 des Sicherheitsrates der UNO erlaubte, nach unserer Meinung, das ohne Minderung des Würde des Irak zu tun. Leider wurde dieser Weg nicht genutzt.“ Der New Yorker Korrespondent der Parteizeitung „Prawda“ äußerte am Freitag seine Ansicht, „verbale Warnungen“ hätten völlig ausgereicht, um Saddam Hussein von einem Angriff auf Saudi -Arabien abzuhalten. Bagdad wisse sehr genau, daß Irak und die Vereinigten Staaten sich in unterschiedlichen „Gewichtsklassen“ befänden.

Auf dem saudi-arabischen Flughafen Dahran landen weiterhin amerikanische C-5-Transportflugzeuge des Typs „Galaxie“, die zu den größten Transportflugzeugen der Welt gehören. Der Flughafen ist nach einem Augenzeugenbericht für die zivile Luftfahrt praktisch gesperrt. Nur für Charterflüge, die amerikanische Staatsbürger nach Hause fliegen, die auf den saudischen Ölfeldern gearbeitet haben, wurde die Startbahn noch freigegeben. Führende Mitarbeiter des US -Verteidigungsministeriums kündigten am Donnerstag an, bis zu 250.000 Soldaten könnten an den Golf geschickt werden.

Die britische Luftwaffe stand gestern kurz vor dem Abschluß ihrer letzten Vorbereitungen für den Abflug der Bomberstaffeln (12 Tornado-Bomber und 12 Kampfflugzeuge des Typs „Jaguar“) und für die Stationierung der Flugabwehrraketen „Rapier“. Im französischen Mittelmeerhafen Toulon begannen die Vorbereitungen zur Entsendung des Flugzeugträgers „Clemenceau“ in den Golf. Der französische Staatspräsident Mitterrand hatte am Donnerstag mitgeteilt, Frankreich werde seine Luft- und Seestreitkräfte am Golf verstärken. Sein Land werde im Falle einer irakischen Aggression gegen Saudi-Arabien „seine Verantwortung übernehmen“. Die „Clemenceau“ wird vor allem Hubschrauber an Bord haben. Die Fahrt bis vor die kuwaitische Küste dauert etwa zwei Wochen.

Irakische Tageszeitungen meldeten am Freitag, Tausende von Freiwilligen aus vielen arabischen Ländern, hauptsächlich Jordanier, Palästinenser, Jemeniten, Tunesier, Algerier und Libyer seien nach Bagdad gekommen, um sich von der „Volksarmee“ anwerben zu lassen. In Ankara wies die irakische Botschaft Berichte zurück, daß Bagdad Truppen an der Grenze zur Türkei zusammengezogen habe.

Die irakischen Truppen in Kuwait, die nach letzten US -Geheimdienstinformationen in Kürze auf 170.000 Mann angewachsen sein könnten, sind zur Zeit nach Angaben eines US-Beamten nicht in einer Angriffsposition auf Saudi -Arabien.

Die Seestreitkräfte der USA und ihrer Verbündeten wollen in wenigen Tagen mit der Seeblockade des Iraks beginnen, berichtete am Donnerstag die 'New York Times‘. In Kürze sollen rund um die arabische Halbinsel mehr als 50 größere Kriegsschiffe stationiert sein.

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