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Integrationspreis 2008Malerfirma streicht Integrationspreis ein

Das Handwerksunternehmen Borst & Muschiol hat am Montag den Integrationspreis 2008 bekommen. Die Firma hatte unter anderem vier Jugendliche mit Migrationshintergrund eingestellt.

Ausbildungsplätze schaffen - ein Plus des Malerbetriebs Borst & Muschiol Bild: AP

Daniel steht auf einem Baugerüst im fünften Stockwerk und arbeitet an einer Hausfassade. "Am Anfang dachte ich: Da soll ich hoch?", meint er mit einem Blick über das Geländer. Aber dann habe er sich schnell daran gewöhnt. Trotzdem mahnt Lehrmeister Gerd Karras noch: "Nicht nach unten gucken!" Auch Ali, Levent und Marina, die anderen neuen Auszubildenden bei Borst & Muschiol, sind in schwindelerregender Höhe angekommen. Dahin gebracht hat sie Geschäftsführer Frank-Peter Muschiol und dafür gleich einen Preis bekommen.

Anfang der Woche hat der Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen den Integrationspreis 2008 an den Wilmersdorfer Handwerksbetrieb Borst & Muschiol verliehen. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) sagte bei der Preisverleihung in der Werkstatt der Kulturen in Neukölln, es gebe in Berlin viele Betriebe, "die sehr gut ausbilden und sich ihrer Verantwortung für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft bewusst sind". Zwei zweite Preise gingen an das IT-Systemhaus on line Datensysteme und die Hauskrankenpflege Deta-Med. Der Integrationspreis wird jährlich an ein mittelständisches Unternehmen vergeben, das sich besonders für Integration engagiert.

Mit Neukölln gewinnen

Borst & Muschiol hatte zum 1. September vier Ausbildungsplätze - speziell für Jugendliche mit Migrationshintergrund aus Neukölln - geschaffen. Nächstes Jahr sollen vier weitere folgen. Anlass dafür war die Ausschreibung eines sozialen Kunstprojekts, das Geschäftsführer Frank-Peter Muschiol für sich gewinnen wollte: Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land will im nächsten Jahr einige Häuserfassaden in der Neuköllner High-Deck-Siedlung bemalen lassen.

Bei der Ausschreibung des Projekts forderte sie nicht nur ein günstiges, sondern auch sozial engagiertes Angebot. So kam Muschiol auf die Idee, Jugendliche aus dem eigenen Kiez an der Verschönerung mitwirken zu lassen und ihnen gleichzeitig eine Ausbildung im eigenen Unternehmen zu ermöglichen. Gesagt, getan - Muschiol bekam den Auftrag.

Die High-Deck-Siedlung ist in den 70er-Jahren entstanden. Ihren Namen hat sie den Fußgängerbrücken zu verdanken, die die meist vier- bis sechsgeschossigen Hochhäuser über mehrere Straßen hinweg miteinander verbinden. Das Viertel gilt als sozialer Brennpunkt. Die rund 5.000 Bewohner sind nach Angaben des Quartiersmanagements oft arbeitslos, Empfänger von Transferleistungen und nichtdeutscher Herkunft.

Schon vor Jahren wurden einige Fassaden der Siedlung bemalt. Muschiol, dessen Firma im gut bürgerlichen Wilmersdorf sitzt, hat sich aber nicht in Neukölln, sondern in Frankreich inspirieren lassen. Dort hatte eine Künstlervereinigung in Lyon die Bewohner ihrer Viertel schon vor langer Zeit an der Fassadenverschönerung beteiligt. So wurden die Jugendlichen von den Straßen geholt und entwickelten ein neues Bewusstsein für den öffentlichen Raum. Durch die Aufwertung des ganzes Viertels zogen schließlich auch wieder besser gestellte Familien zu. Muschiol spricht von einer "Aufwärtsspirale", die langsam stattfinden kann. Auch in Neukölln.

Hier hat man die Anwohner nun auch in die Planung der Fassadenverschönerung miteinbezogen. In der Heinrich-Schlusnus-Straße 12 kann man den ersten Giebel bewundern. Der endgültige Start des Projekts ist für Frühjahr nächsten Jahres geplant. Die vier neuen Azubis wohnen alle in der Siedlung und finden das Projekt toll.

Ali (18) glaubt, dass die Gegend die Verschönerung schon längst gebraucht hätte: "Das ist super, dass wir hier mitmachen können". Auch seine Eltern sind stolz, dass ihr Sohn den eigenen Kiez verschönert. Sein Traumberuf wäre eher Fußballprofi, sagt er, "aber hier macht es auch Spaß". Das findet auch Daniel: "Ich hätte nie gedacht, dass ich mal auf dem Bau arbeiten werde", erzählt er, anstrengend sei es bisher aber nicht gewesen. Einen Traumberuf hat der Siebzehnjährige nicht, aber der Malerberuf gefällt ihm. Die Zusage auf seine Bewerbung hat Daniel mit seinem Realschulabschluss sehr schnell bekommen.

Levent ist 18 und hat keinen Schulabschluss. Die Ausbildung will er deswegen auf jeden Fall abschließen: "Es ist mir sehr wichtig, hier zu arbeiten".

Die Jugendlichen wissen, dass die Ausbildung eine einmalige Chance für sie bietet. Alle haben zu Hause schon Handwerksarbeiten erledigt, trotzdem ist vieles neu. Vielleicht sind sie deswegen noch unsicher. Untereinander verstehen sie sich aber gut. Und auch Lehrmeister Karras ist zufrieden. Um ihnen den Einstieg zu erleichtern, werden die vier im Moment auf den gleichen Baustellen eingesetzt.

Der Preis als Werbung

Während die Jugendlichen sich auf das Projekt in der High-Deck-Siedlung vorbereiten, freut sich Muschiol über die Aufmerksamkeit, die seinem Unternehmen zukommt: "Natürlich ist das Projekt gute Werbung", gibt er zu. Trotzdem merkt man, dass es ihm noch um etwas ganz anderes geht. Muschiol sieht sich selbst in der Verantwortung: Man müsse sensibler dafür sein, wann es notwendig ist zu handeln. Schließlich könne man nicht nur darauf warten, dass die Politik die Probleme zu löst.

Anders als andere Unternehmer klagt Muschiol nicht über die Unterqualifizierung der Bewerber. "Es kann nicht jeder Nobelpreisträger sein", sagt er. Grund zum Klagen findet er eher, wenn es um organisierte Schwarzarbeit und die Globalisierung geht. Beides mache es Handwerksbetrieben heute nicht leicht. Trotzdem beschäftigt Borst & Muschiol insgesamt neun Auszubildende. Mit den vier Neuen ist er ebenso zufrieden wie mit den anderen.

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