piwik no script img

Archiv-Artikel

Instrumentalisierte Ängste KOMMENTAR VON DOROTHEA HAHN

An dem Ergebnis gibt es nichts zu deuteln. Nicolas Sarkozy hat die französischen WählerInnen überzeugt. Sie haben ohne Wenn und Aber für den starken Mann gestimmt, als der er angetreten ist. Für den rechten Hardliner, dem gegenüber sich selbst der scheidende Präsident wie ein Linker ausnimmt. Für ein Programm der radikalen Lösungen. Es reicht von tiefen Einschnitten in Arbeitsrecht, Kündigungsschutz und Streikrecht bis hin zum Abbau des Beamtenapparats.

Sarkozy hat es geschafft, die Ängste seiner Landsleute zu schüren und für seine Zwecke zu nutzen. Er wusste mit den weitverbreiteten Ängsten vor individueller sozialer Verelendung, vor Arbeits- und Obdachlosigkeit genauso zu spielen wie mit jenen vor dem angeblichen Niedergang Frankreichs in der Welt und vor der von rechtsextremer Seite beschworenen „Überfremdung“ durch muslimische Einwanderung. Ausdrücklich richtete er sich an „alle, die Angst haben“. Ihnen versprach er: „Ich werde eure Probleme lösen.“

Seine Rezepte hat Sarkozy vor allem im Ausland gefunden. Bei dem Engländer Blair beeindruckt ihn die Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslose dazu zwingt, praktisch jeden Job anzunehmen. Wie der Italiener Berlusconi hat er – dank seiner Freunde – Kontrolle über die Mehrheit der Medien. Und bei Bush hat er sich für die französische „Arroganz“ vor dem Irakkrieg entschuldigt.

Paradoxerweise ist trotz des Plebiszits von gestern keineswegs sicher, dass Sarkozy in Frankreich die große politische Wende herbeiführen wird. Denn er will die neue Politik, die er verspricht, mit denselben alten PolitikerInnen machen, mit denen er seit fünf Jahren über die absolute Mehrheit im Parlament verfügt.

Sarkozys eigene Bilanz im Innenministerium ist Teil dieses Widerspruchs zwischen Ankündigungen und realer Politik. Sarkozy war nur bei der Bekämpfung der tödlichen Verkehrsunfälle unumstritten erfolgreich. In dem zentralen Politikbereich der inneren Sicherheit gab es zu seiner Zeit als Innenminister mehr brennende Autos und Vorstädte als je zuvor in Frankreich. Dass er diese Bilanz vergessen machen konnte, ist Teil seines gestrigen Erfolgs. xx