piwik no script img

Insektengifte in Seen und FlüssenGewässer noch dreckiger als erwartet

Die Berechnungen, nach denen die EU die Menge der Insektizidnutzung erlaubt, sind falsch. Es gelangt mehr Gift in die Gewässer. Und es gibt noch einen anderen Grund.

Ertragsfördernde Gifte: erst auf den Acker und später in die umliegenden Gewässer. Bild: dpa

BERLIN taz | Gewässer in der Nähe von Äckern sind deutlich stärker mit Insektiziden belastet als bisher angenommen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Koblenz-Landau.

Forscher des Instituts für Umweltwissenschaften untersuchten, ob die Berechnungen, auf deren Grundlage die EU die Nutzung von Insektengiften erlaubt, realistisch sind. In dem Zulassungsverfahren wird mithilfe mathematischer Formeln simuliert, welche Mengen eines Gifts bei einer Anwendung in den Gewässern landen.

Die Ergebnisse der Forscher: Die Berechnungen sagen viel zu geringe Werte voraus. Bei der Untersuchung von 122 Fällen, in denen die Forscher die vorhergesagten mit den tatsächlich in den Gewässern gemessenen Werten verglichen, war in bis zu vier von zehn Gewässern mehr Gift als vorher berechnet. Bei neueren Insektiziden sei die Quote sogar noch höher.

„Die Ergebnisse der Studie belegen eindeutig, dass die Berechnungsmodelle in ihrer aktuellen Form für den Gewässerschutz ungeeignet sind“, sagt Ralf Schulz, Professor am Institut für Umweltwissenschaften. Die EU müsse daher das Risiko für die Wirkstoffe neu bewerten.

Schulz vermutete jedoch, dass nicht nur falsche Formeln schuld daran sind, dass mehr Gifte in den Gewässern auftauchen. „Entweder ist die Zulassung von Insektiziden oder die landwirtschaftliche Praxis mit erheblichen Fehlern behaftet – vermutlich sogar beides“, sagt er. Um offene Fragen zu klären, brauche es mehr unabhängige Daten zur Belastung der Gewässer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • K
    Karl

    @ Gustav,

     

    Nee, nicht nur theoretisch; es geht mit vertretbarem Aufwand auch messtechnisch indem Leitsubstanzen, Metabolite und chemisches Gleichgewicht im Grundwasser

    mittles intgrativer Sammelmethoden bestimmt werden.

     

    Der ofizielle Nachteil dieses Ansatzes ist aber eine zu gut auflösende Verteilung der Schadstoffe, eine gut quantifizierbare Gesamtfracht und die Möglichkeit aus den Daten einzelne Zustandsstörer zu identifizieren!

     

    Also wird lieber vorbeugend auf zweckmäßige Methoden ganz verzichtet, wie beipielsweise die Wasserwerke "Geesthacht" zwar nach (längst veralteter TVO) untersuchen, aber noch nie ihr Uferfiltrat auf STV (sprengstofftypische Verbindungen) untersucht haben, obwohl um die Ecke die gigantische Kontamination der Muna Krümmel (steht auch das AKW drauf!)kräftig auslaugt!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • G
    gustav

    Die Modellierung von Schadstoffverteilungen

    ist nur theoretisch möglich, denn

    wer kann die genauen Bodenprofile von Großlandschaften ohne Sonographien über

    genau diese Rauminhalte schon bezahlen und

    in unzulänglichen Gebiet zuverlässig durchführen

    und wie groß ist der Spielraum für falsche

    Rundungen und der Fehler konzentrierte Schadstoff-

    konzentrationen auf kleinen Fläche homogen

    zu verteilen.

     

    Die Schadstoffe selber müssen unbedenklicher werden

    und leichter abbaubar werden. Völlig richtig.

    Und es muss verstärkt auf das professionelle

    Züchten von Schädlingsfeinden gesetzt werden,

    die aber das ökologische Gleichgewicht ausschließlich

    auf dem Feld zu Gunsten des Bauern beeinflussen.

     

    Bei der Hochrüstung der Schadstoffe gewinnt

    auf Dauer immer der Schädling bzw. zahlt

    Mensch und Natur einen zu hohen Preis.

    Das Bienensterben läßt Grüßen.

    Parkinson,Fruchtbarkeitsstörungen, Krebs werden auch über Pestizide begünstigt.

    Viel zu viele "Elitewissenschaftler" bemessen

    Ihren Nutzen an der Publikationsquantität,

    als an den Nutzen für die Menschheit und

    sind käuflich im Sinne ihrer privaten

    Auftraggeber. An einer gekauften Wissenschaft

    geht die Hochkultur mit zu Grunde und ist

    die Motivation für einen Breitenerfolg

    der Hochschulbildung der Studenten nicht mehr gegeben, weil

    die wissenschaftlichen Alibiattestautoren

    dann ihr Schindluder mangels wissenschaftlicher

    Exklusivität ihren wissenschaftlichen Ruf

    bei zu hoher Konkurrenz gefährden würden.

     

    Die EU versagt, wie immer bei der Beschützung

    des Allgemeinwohls!!! Weg damit!

  • K
    Karl

    Hallo Herr Gerber,

     

    die WRRRL ist auch nur ein Feigenblatt, denn das gesetzte Ziel bleibt unerreichbar, außer man mogelt ganz heftig mit unzweckmäßiger Analytik...

     

    Im Einzelfall können, je nach Remobilisierung und Schadstoffeintrag, wohl eher 30-40 a vergegen, bis drt Schadstoffeintrag in Gewässer signifikant zurückgeht!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • MG
    manfred Gerber

    Die Wasserrahmenrichtlinie der EU verpflichtet die Länder bis 2015 Oberflächen- und Grundwasser in einen biologisch intakten Zustand gebracht zu haben und die Einleitung von Pestiziden und Düngemitteln bis dahin zu stoppen.

    Keine Chance, dies zu erreichen, solange man die landwirtschaftlichen Emissionen an Gewässern nicht stoppt. Auch rot/grün regierte Bundesländer tun nichts, trotz vehementen Artensterbens in den Gewässerbiotopen. Länderbehörden, bspw. RLP ignorieren die Hinweise der NGO's auf übermässige Pestizidbelastungen und verweigern eine Probennahme zur Untersuchung auf Pestizide.

    Die Wirkung persistenter Insektizide spüren wir bereits seit 10 Jahren. Nervengifte, wie das Clothianididn sind bis zu 7000 mal giftiger als DDT und sie haben ganze Arbeit geleistet. Insekten sind die Nahrungsgrundlage unserer Vögel, auch hier nimmt man ein drastisches Artensterben war.

  • K
    Karl

    Wenn manns genau nimmt, ist da ganze Prozedre lediglich ein "Fehler aus Berechnung" (sic), denn es ist durch zahlreiche, gescheiterte, Modellierungsansätze bekannt, dass das Migrationsverhalten und die Transformationsraten von Schadstoffen aufgrund "individueller" chemischer Gleichgewichte und mikrobiologischer Besiedlung nicht "einfach so" modelliert werden können.

     

    Zumal wenn das Datenmaterial für die Modelle lediglich aus Zeitpunkt/Volumen Proben stammt und sich somit schon erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Frachtermittlung ergeben; mögliche Transformations(Abbau)-Raten sind dann noch garnicht berücksichtigt.

     

    Und das gilt grundsätzlich für das gesamte Grund- und Oberflächenwasser in Deutschland!!!

     

    Bei Atrazin & Co ist mann damals schon gründlich auf die Nase gefallen, aber solange niemand kritische Fragen stellt, wird halt weitergemurkst!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • S
    spiritofbee

    Wir brauchen nicht noch mehr Messungen und Fälschungen, sondern schlicht und ergreifend weniger von diesen Giftcoktails.

    Von der Industrie gegängelt, in Zusammenarbeit mit Behörden und Gesetzgeber auch noch z.T. geschützte Wissenschaften, fälschen was das Zeug hält. Kein Mensch kann die synergetischen Wirkungen dieser Stoffe in der freien Natur auf Generationen einschätzen, schon gar nicht mit mathematischen Formeln. Betrachtungen im nachhinein haben sich zum Großteil als Fehleinschätzungen erwiesen. Asbest, DDT, Lindan, Blei, Radioaktivität, FCKW, Elektrosmog; die Liste ist endlos und die wissenschaftlich gestützte Verblödung diesbezüglich hält unvermindert an.

    Es geht nicht um darum Rückschritte zu machen, sondern Stoffe zu entwickeln, die sich in die Naturkreisläufe einbauen lassen und möglichst wenig Spuren für das nachfolgende Leben hinterlassen. Hier gibt es echte Herausforderungen für sorgfältige Grundlagenforschung für positive Wirkungen in die Zukunft. Solange wir es der Gier einiger Weniger überlassen, die Wissenschaft zu finanzieren, wird sich da nicht viel tun.......

    Wie wärs mit einem Wissenschaftseuro für die Grundlagenforschung. Die Vergabe dieser Gelder wird öffentlich zugänglich von einem gut informierten unabhängigen Publikum begutachtet und beschieden.

     

    Für alle die immer noch an die derzeitige Wissenschaft glauben, ein Lesetipp:

     

    "Späte Lehren aus frühen Warnungen"

    herausgegeben von der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen.