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■ InnenansichtenProfessoren auf die Barrikaden

Einen „heißen Herbst“ wünschte die GAL-Hochschulfachfrau Simone Dietz den Hamburger Hochschulen, als sie sich kürzlich gen Rostock verabschiedete, um dort wissenschaftliche Assistentin zu werden. Ein halbes Jahr zuvor hatte auch ihr konservatives Pendant Ulrich Karpen (CDU) die gebeugte Alma mater zu einem „heißen Sommer“ aufgerufen. Doch zur Revolte reichte die Glut der Empörung nicht aus. Auch für das Wintersemester sind keine Tänze auf dem Vulkan zu erwarten.

Zumindest die StudentInnen haben den Glauben an die Durchschlagskraft hitziger Debatten und glühend formulierter Protest-Parolen verloren. Zwar fanden sich im April dieses Jahres rund 25000 meist studentische DemonstrantInnen auf dem Rathausmarkt ein, um miserable Lernbedigungen im Wissenschaftsbetrieb anzuprangern, doch danach war die Luft raus. Dem Uni-Asta gelang es nicht, mit geplanten Aktionen jemanden hinter seinen Büchern hervorzulocken. Wozu auch? Generationen von JungakademikerInnen haben gestreikt und demonstriert, ohne spürbare Verbesserungen herbeizuführen.

Kein Zweifel also, jetzt müssen andere ran. „Wir können nicht immer die Studenten den Karren für uns aus dem Dreck ziehen lassen“, resümierte vor einigen Tagen während einer Fachtagung ein Hochschulpräsident. Ohne die Proteste und Streiks hätte es noch nicht einmal die kleinste Hilfe, wie die Hochschulsonder-

programme, gegeben. Doch daß die

ProfessorInnen samt dem übrigen Hochschulpersonal nun in Scharen Stift und Pipette mit Spruchband und Megaphon vertauschen, daran glaubt so recht keiner. Die meisten hätten es sich ihrer Nische bequem gemacht, so die bittere Erkenntnis eines Insiders.

Immerhin gab es schon einen Silberstreif am Horizont: Die Protestnote der 500 Uni-Profs Anfang '92 an die Hamburger Bürgerschaft. „Stoppen Sie den Niedergang der Universität“, lautete der dramatische Appell an die Politiker. Ein geradezu sensationeller Kraftakt, nach Jahren der absoluten Funkstille, in denen sogar die Solidarität mit den Studis meist nur heimlich gezeigt werden durfte. Hoffentlich verpufft dieser Elan nicht auch wieder wie heiße Luft. sini

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