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Ingrid Busboom gerettet

■ Mißtrauensantrag gegen Bausenatorin gescheitert / CDU schweißt SPD wieder zusammen

Ein harter Tag für Ingrid Busboom, aber am Ende stand der Sieg: Sie kann Abgeordnete bleiben, der Mißtrauensantrag der CDU gegen die Bausenatorin wurde abgeschmettert. Und der Gewoba bleibt eine neue kniffelige Bewerbung auf den Posten in der Geschäftsführung erspart. Ingrid Busboom auf die Frage, was sie denn täte, wenn die CDU durchkäme: „Dann bewerbe ich mich bei der Gewoba.“

Ingrid Busboom hätte zur großen Verliererin des gestrigen Tages werden können. Wenn der CDU-Mißtrauensantrag gegen Eva-Maria Lemke-Schulte durchgegangen und die Bausenatorin wieder zur einfachen Abgeordneten mutiert wäre, dann wäre diejenige Abgeordnete der SPD aus dem Parlament gekegelt worden, die als letzte eingezogen ist. Man ahnt schon: Ingrid Busboom. Aber: Mit 59 zu 34 Stimmen wurde der CDU-Antrag abgelehnt. Nur Peter Braun und Rudolf Heise von der FDP stimmten mit der Opposition, und zwei weitere enthielten sich, die FDP-Abgeordnete Annelene von Schönfeldt und der Grüne Walter Ruffler. Die Nationalkonservativen stimmten mit der Ampel, die DVU war gar nicht erst erschienen.

Wie erwartet hatte die CDU die Sondersitzung mit einer Geschäftsordnungsdebatte eröffnet: Offene oder geheime Abstimmung. Dabei warf die CDU, für's Geheime, der SPD, für's Offene, Taktiererei mit der Geschäftsordnung vor. Und umgekehrt. Grüne und FDP waren zwar prinzipiell auch für geheime Abstimmung, wollten das aber auch sauber rechtlich verankert wissen, und nicht im Huihui-Verfahren als Eilantrag. Als dann der Bürgerschaftspräsident Dieter Klink entschied: Es wird offen abgestimmt, punktum, da waren schon fast zwei Stunden um.

Was dann folgte, war eine zähe Debatte, in der noch einmal die hinlänglich bekannten Vorwürfe und Rechtfertigungen zum Thema Gewoba-Geschäftsführung ausgetauscht wurden. Peter Kudella von der CDU zitierte genüßlich den Brief von Wirtschaftssenator Claus Jäger an Klaus Wedemeier, in dem der sich abfällig über die Qualitäten seiner Kollegin aus dem Bauressort geäußert hatte. Da könne die FDP doch nicht jetzt die Bausenatorin stützen. Kudella: „Gerade Sie von der FDP laufen doch durch sämtliche Kammern und erzählen, was für eine Katastrophe dieser Senat und Frau Lemke-Schulte ist. Sind Sie denn politisch verrückt geworden?“

„Ausbrechmeiereiartig“ sei die Rede Kudellas gewesen, meinte Claus Dittbrenner von der SPD, der Bausenatorin sei aber auch gar nichts vorzuwerfen. Von wegen, sagten FDP und Grüne, da sei eindeutig Filz im Spiel gewesen, aber nicht genug, um gleich die ganze Ampel in den Orkus zu schicken. Klaus Wedemeier gab die Kritik der CDU zuerst voll zurück: „Dann brauchen Sie aber auch nicht wieder zu mir zu kommen, ob man denn das verdiente Mitglied nicht unterbringen könnte.“ Und dann bemühte der Bürgermeister die politische Kultur: „Die Bürger werden sich abwenden.“ Dazu Ralf Borttscheller von der CDU: „Ihr müßt mal den Knüppel kriegen.“

Interessant war die Debatte weniger wegen der vorgetragenen Argumente, als vielmehr wegen der Gräben, die sich zwischen den Ampel-Fraktionen auftaten. Der Ton zwischen SPD, FDP und Grünen ist immer noch reichlich gereizt: Wenn SPD-Frationschef Claus Dittbrenner mit Blick auf die FDP bedauerte, wie die Ampel in der Filzdebatte der letzten Wochen Vorlagen für die CDU geliefert hat, wenn der Grüne Martin Thomas von der „unverschämten Presseerklärung der Bausenatorin“ redete, die nur zeige, wie wenig sie die Kritik verstanden habe, und wenn FDP-Fraktionschef Heinrich Welke kritisierte, es gehe in der Diskussion um die „althergebrachte Postenvergabe“ der SPD, mithin um Filz, dann war das Knirschen und Knacken innerhalb der Ampel spürbar. Da schien es verhältnismäßig leicht, sich gegen das „ständige Versagen der Bausenatorin“ und den „dicken stinkenden Genossenfilz“ abzusetzen, über den Oppositionschef Peter Kudella in seinem Rundumschlag hergezogen hatte. Als das Abstimmungsergebnis für die Bausenatorin bekanntgegeben wurde, da gab es donnernden Beifall – aber nur von der SPD. Der Wahlkampf scheint eröffnet.

Jochen Grabler

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