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Ingenieurin tötete sich in ShenzhenAbermals Suizid beim iPad-Produzenten

Die Selbstmordserie beim Elektronikriesen Foxconn reißt nicht ab. Höhere Löhne, Produktionsverlagerung und Psychologen konnten einen weiteren Suizid nicht verhindern.

Foxconn-Arbeiterinnen in Shenzhen. Bild: ap

In Südchina hat sich erneut eine Arbeiterin des weltgrößten Elektronikherstellers Foxconn getötet. Die 25-jährige Ingenieurin sei am Freitag vor einer Woche im südchinesischen Shenzhen gestorben, nachdem sie aus dem zehnten Stock eines Hauses sprang, meldete die im benachbarten Hongkong erscheinende South China Morning Post. Die Polizei stellte Suizid fest. Foxconn räumte den Todesfall erst am Donnerstag ein.

Laut ihrem Bruder sei die Ingenieurin zuvor per Firmenmail zur Kündigung aufgefordert worden, worauf es Streit mit ihrem taiwanischen Vorgesetzten gegeben habe. Dieser habe sie zu einer psychiatrischen Untersuchung geschickt, bei der Schizophrenie attestiert worden sei. Der Chef drängte, dass sie in ihre Heimat Hebei zurückkehre, sagte ihr Bruder. Später habe sie sich aus seinem Wohnhaus gestürzt.

Die Ingenieurin arbeitete seit 2005 für den taiwanischen Elektronikriesen. Der hat in China inzwischen mehr als 1 Million Mitarbeiter und produziert für viele Computer- und Handymarken wie etwa für Apple das iPad. 2010 gab es in China 18 Suizid-Versuche von Foxconn-Arbeitern und Arbeiterinnen. Dabei gab es 14 Tote.

Die Suizide lenkten die Aufmerksamkeit auf die schlechten Arbeitsbedingungen und vielen Überstunden bei Foxconn. Nach ersten Boykottaufrufen erhöhte Foxconn die Lohne um bis zu 70 Prozent. Auch wurden Fabriken in Binnenprovinzen verlagert. Dort sind die Löhne niedriger und die Fabriken näher an der Heimat der Beschäftigten, die meist junge Wanderarbeiterinnen sind.

Foxconn startete eine PR-Kampagne und heuerte Psychologen an, die suizidgefährdete Arbeiter erkennen sollen. Doch dies könnte auch neue Konflikte schüren. Berichten zufolge sollen manche "Psychologen" Arbeitskollegen sein, die zuerst Vorgesetze informierten.

Eine von Foxconn beauftragte PR-Firma erklärte zum jüngsten Suizid, sie habe keine Informationen über eine Beteiligung eines Mitarbeiters daran. Die Schwägerin des Opfers sagte der South China Morning Post, diese habe sich über hohen Druck beklagt. Den letzten Suizid bei Foxconn gab es im November. Auch in einem südkoreanischen Werk von Samsung gab es laut Korea Times kürzlich zwei Selbsttötungen von Arbeiterinnnen.

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17 Kommentare

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  • TB
    Tobias Beuting

    Ich glaube mein Schwein pfeift. Nur weil andere nicht besser sind und man in diesen Zeiten fast nur noch die Wahl zwischen Cholera und Pest hat, ist es jetzt schlechter Journalismus über die Arbeitsbedingungen von Apple zu berichten? Seid ihr noch ganz richtig im Kopf? Was ist daran denn bitte heuchlerisch?

    Ich nehme an, dass ein Großteil dieser Leser Kaffee, Tee oder Kakao trinkt, Kraftstoff verbraucht, Möbel in der Wohnung hat und wenn es dumm läuft, auch noch Fleisch isst. Die Konzerne, die u.a. diese Produkte herstellen, auf die wir ja, mehr oder weniger, angewiesen sind, haben alle Dreck in den Schubladen. Also nur weil ich keine andere Wahl habe, möchte ich trotzdem darüber informiert werden, wer von den ganzen A........ die Rangliste anführt. Ich möchte nicht den Kopf in den Sand stecken.

    Aber es hat mal wieder gezeigt, wie groß doch die Herde der Schafe ist.

    Eigentlich lesen diese Menschen doch lieber Propaganda aus dem Springer Verlag.

    Der Artikel war gut, weiter so!!

  • MA
    Mehr aus der Arbeiterperspektive, bitte!

    Zu Der Newsblog:

    Leider hast du völlig Recht. Auf Deinen Kommentar hin habe ich mir die übrigen Kommentare zu diesem Artikel angesehen - und mir ist genauso schlecht geworden.

    Vermutlich liegt es an diesen (neuen) taz-Lesern, dass die Zeitung finanziell gesundet - aber um welchen Preis?!

    Klar, wenn man nur zwei statt 77 Stunden pro Woche arbeitet, vom Geld von Papa lebt oder von gut angelegten Wertpapieren und den Rest der Zeit Kaffee-schürfend in Prenzlauer-Berg-Cafés herumhockt, um auf seinem ipad Kommentare zu überflüssigen Suizidmeldungen aus chinesischen Fabriken für ipads (UND ANDERE ELEKTRONIK) absondert, dann stört die Erinnerung an die Arbeitsbedingungen der Mehrheit nur.

    Da wird die taz überwiegend der Außenwirkung wegen gelesen (alternative chic) um ebenso wie mit dem ipad zu blenden.

    Bitte mehr von solchen Artikeln!

    Mehr aus der Arbeiterperspektive, bitte!

  • T
    Trudy

    David Servan-Shreiber: Die Neue Medizin der Emotionen - Stress, Angst, Depression ->g Goldmann Verlag - die Widerspiegelung der Arbeitsverhältnisse weltweit auf unsres Gehirn und Denkweise -> that's it!

  • DN
    Der Newsblog

    Hallo,

    Wenn ich hier so manche Kommentare lese, wird mir ziemlich übel. Am Essen heute mittag liegt's nicht ...

     

    Die Gründe für den Freitod der jungen Chinesin Wang Ling (25):

    7 TAGE-WOCHE, 77 WOCHENSTUNDEN, SPRECHVERBOT (!) am Arbeitsplatz

    Quelle: http://www.golem.de/1006/76117.html

     

     

    Noch irgendwelche Fragen .. ?

    Danke TAZ, bitte häufiger darüber berichten. Es gibt nicht nur Leute, die Angst haben, daß ihr iPhone beschmutzt wird.

  • CC
    Claudio Carrone

    Foxconn produziert nicht nur für Apple, aber die Arbeitsbedingungen da sind auf jeden Fall miserabel. Foxconn droht gar die Auszeichnung zum übelsten Unternehmen des Jahres: http://www.publiceye.ch/

  • N
    neutro

    Big deal.

    Tendentielle Berichterstattung mit selektiver Wahrnehmung. Schon so gesehen beim Propagandasender ZDF.

    TAZ=weiteres BILD-Derivat.

    Und mit eurem hohen moralischen Anspruch, liebe Tazler, habt ihr euch mit diesem Artikel als die wirklich allergrössten Heuchler geoutet.

  • A
    Andrea

    Da wundert sich die Taz, weshalb die Leserzahlen schwinden. Der Schuldige ist schnell ausgemacht: nicht der fundierte Journalismus, sondern das böse iPad!

     

    Byebye Taz

  • C
    christian

    wieso lässt ein selbstmord wegen kündigung denn auf schlechte arbeitsumstände schließen? ist doch wohl eher umgekehrt, so schlimm der tod der frau auch ist.

  • D
    denninger

    Liebe Genossen, liebe Redakteure, liebe Journalisten der taz,

    warum habt Ihr Euch denn in den letzten Monaten und Jahren niemals Gedanken um die Qualität Eurer Zeitung gemauch?

    Es wird immer schlimmer. Die Artikel werden immer schlechter recherchiert, POV ersetzt zunehmend Information und Hintergrundwissen und in Bezug auf die Themenauswahl erscheint es als würde beschrieben, "was einem so vor die Feder kommt".

    Als eher konservativ eingestellten Leser müsste ich ja eigentlich erfreut sein, aber das tut es nicht.

    Die taz tritt mehr und mehr als Plattform aller möglichen Interessensgruppen ohne Anspruch auf jounalistische Sorgfalt auf.

    Schade, ab und an ist ein Artikel wirklich informativ uns meinungsbildend.

    Quo vaids, taz

    fragt der

    denninger, dieses Mal zum letzten Male

  • MZ
    Moritz Zumbühl

    http://www.publiceye.ch/de/vote/foxconn/

     

    wählt foxconn zum übelsten unternehmen des jahre 2010!

  • JM
    Joachim Moncoq

    Dirk hat vollkommen Recht:

    Die TAZ reiht sich damit in die Reihe der Medien ein, die den Namen Apple zur Sensationsmache missbrauchen.

    Dabei würde ein einfacher Blick auf Wikipedia reichen: "Auch produziert der Konzern alle Rechner für die amerikanische Computerfirma Dell. Spielekonsolen wie Nintendo DS, Wii, Xbox 360 oder PlayStation gehören ebenfalls zur Produktion des Unternehmens. Foxconn gilt als Haus-und-Hof-Lieferant für Intel. Etwa 75 % der unter dem Namen Intel verkauften Mainboards werden von Foxconn gefertigt."

  • I
    ISprung

    foxconn = ipad-produzent?

     

    warum werden von (u.a.) euch immer wieder appleprodukte im zusammenhang mit vorkommnissen bei foxconn aufgeführt?

     

    das hat für mich propagandistische züge, da foxconn so ziemlich jede elektronikmarke zusammenschraubt.

     

    zudem ist die meldung so relevant, wie ein fallender reissack oder eine platzende currywurst, oder wird jetzt über jeden suizid berichtet?

  • SB
    S B

    Ich will das jetzt nicht schlecht reden aber in Deutschland brachten sich von 1 Million Bürger 143 im Jahre 2004 um. Die Selbstmordrate in Deutschland steigt.

  • E
    Europäer

    Die sollten den Laden dort einfach schließen, dann wird es keine Selbstmorde wegen den Arbeitsbedingungen mehr geben.

  • T
    topal

    und was hat das (wieder mal) besonders mit Apple zu tun?

    Wie viel Beschäftigte gibt es?

    Wie hoch ist die Suizidrate?

    Wie hoch ist die Suizidrate in vergleichbaren Betrieben - auch in anderen Ländern?

     

    Was um alles in der Welt, soll dieser Artikel??

     

    Für wie blöd sollen sich die Leser eigentlich eingeschätzut fühlen?

  • D
    Dirk

    Ungeachtet dauerhaften Betroffenheit über diese "Zustände" würde ich eine neutralere Titelgestaltung des Themas begrüßen.

    Was soll dieser wiederholte und sakrosankte Fingerzeig auf Appleprodukte und also implizit deren anscheinend zu Empathie unfähigen Nutzern? Ein kurzer recherchierender (Hallo Journalist_in?!) Blick auf Wikipedia hätte genügt, um - Wetten dass - das komplette Equipment auch der Taz-Redaktion hier wiederzufinden:

    Annähernd 75% aller westlichen PC-Nutzer setzen wahrscheinlich mangels Alternativen Produkte oder Teile davon von Foxconn ein. Neben Apple-Rechnern sind dies: 100% Dell-PCs, 75% aller aktuellen PCs mit Intel-Mainboards, 100% aller NVidia (Geforce, ..) - Graphikkarten, etc. .. Von Ausrüstungen im Mobilfunkmarkt ganz zu schweigen. Also bitte und gerade TAZ. Wir brauchen kein auf Bildzeitungsniveau präsentiertes Feindbild. Gnothi seauton.

  • J
    Jan

    In Deutschland begehen etwa 11000 Menschen pro Jahr Suizid. Das sind etwa 135 Suizide pro Millionen Einwohner. Auch wenn man als Vergleich eigentlich die Suizidrate der arbeitenen Bevölkerung in China zugrunde legen müsste, erscheint mir die Suizidrate von weniger als 14 pro Millionen Arbeiter bei Foxconn nicht übermäßig hoch.